Verstörende E-Mail an unsere Redaktion: Polizei greift ein

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Auszüge aus dem Hilferuf des 19-jährigen Braunschweiger Schülers. Foto: Werner Heise
Auszüge aus dem Hilferuf des 19-jährigen Braunschweiger Schülers. Foto: Werner Heise | Foto: Werner Heise

Braunschweig. Sonntagvormittag erreichte die Redaktion von regionalHeute.de eine brisante E-Mail, die ein sofortiges Handeln der Polizei veranlasste. Ein 19-jähriger Braunschweiger Schüler, der offenbar seit der ersten Klasse Opfer massiven Mobbings ist, schrieb von Rachegefühlen an seinen Peinigern sowie von Selbstmordgedanken.


Es ist eine verstörende E-Mail, die ausführlich das Leiden des heute 19-Jährigen seit der ersten Klasse beschreibt. Eine E-Mail, die der Schüler an unsere Redaktion schrieb, da ihm sonst keiner zuhöre und durch die er auf Hilfe durch mediale Aufmerksamkeit hoffe. Den Menschen sollen die Augen geöffnet werden. Der Schüler, wir nennen ihn zum Schutz seiner Identität John, schreibt von Mitschülern und Lehrern, die ihn sowohl psychisch als auch körperlich misshandelt hätten. Er sei gehänselt worden, weil er still ist, weil er anders ist als die anderen. "Ständig kamen Mitschüler, schlugen mich, haben mich getreten und mich ausgeschlossen, fotografierten mich einfach, haben jeden aus der Schule dazu gebracht, mich zu hassen", beschreibt John die Anfänge des Mobbings. Zehn bis zwölf Personen seien gleichzeitig auf ihn losgegangen, hätten ihn unter sich begraben. Seither leide er an psychischen Störungen, Atemnot und panischen Berührungsängsten. Sein Mathematik-Lehrer habe ihn geschlagen, nur hören möchte dies niemand, so John. Ein Schulwechsel sei unmöglich gewesen, die anderen Schulen hätten dies abgelehnt.

"Wer braucht mich noch?"


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Auch der Lehrer habe bei John zugeschlagen. Foto: Marc Angerstein



"Ich fühle mich ungeliebt, unbrauchbar, nutzlos, wertlos [...]", und er fragt sich, warum er geboren wurde - fügt diesem Satz weinende Emoticons hinzu, auf die eine Waffe gerichtet ist. "Manchmal denke ich, was hält mich noch hier? [...] Wer braucht mich noch?", beschreibt er an anderer Stelle im Text seine Gefühlslage. "Du bist schlecht, du kannst nichts, du wirst in deinem Leben nichts erreichen", habe ihn sein Lehrer angebrüllt und dabei Schläge gegen den Hinterkopf ausgeteilt.

Rachegefühle


"Bitte macht was daraus, macht aufmerksam", bittet John uns in seiner E-Mail - und weiter: "Wörter können töten! [...] Meine Vergangenheit frisst mich und andere Menschen mit dem gleichen Erlebnis von innen auf." So etwas müsse aufhören schreibt der Braunschweiger Schüler und warnt: "Es stauen sich Gefühle in mir auf, die kann ich nicht beschreiben. Das Gefühl der Rache, einfach einmal zurück zu schlagen: egal wie, sie müssen leiden." Er wolle damit ausdrücken, dass er im Stande sei die Personen auch so zu verletzen wie sie ihn verletzt hätten. Und dann würde es keiner verstehen. Auf einmal sei er dann "das Monster, der Täter, der Schuldige". "Eigentlich will ich es nicht, aber wie ferngesteuert habe ich den Drang dazu zurückzuschlagen", schreibt er.

Polizei reagierte sofort


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Die Polizei rückte umgehend aus. Foto: André Ehlers



Was bedeuten seine Worte? Plant John nach jahrelang ertragenem Leid tatsächlich Rache an seinen Peinigern, will er sich und vielleicht auch anderen das Leben nehmen? regionalHeute.de hat umgehend die Polizei über den Inhalt der E-Mail informiert, die die Situation als "durchaus ernst" einstufte und ebenfalls umgehend handelte. Polizeibeamte suchten den 19-Jährigen zuhause auf. Sie bestätigten, dass im Leben des jungen Mannes offenbar vieles schief gegangen sei. Eine akute Gefährdung habe nach Polizeiangaben nicht bestanden. Dennoch habe sich der Schüler noch am selben Tag freiwillig in eine psychiatrische Klinik begeben, in der er nun medizinische Hilfe erhält. Was bleibt sind die moralischen Fragen an jene, die dem Schüler das angetan haben: Mitschüler, Lehrer und stille Zeugen.
Sind Sie selbst Opfer von Mobbing? Fühlen Sie sich depressiv oder plagen Sie Selbstmordgedanken?

Nehmen Sie die anonyme Hilfe des Opfer-Telefons des Weißen Rings unter der Telefonnummer 116 006 an oder wenden Sie sich an die ebenfalls anonyme Telefonseelsorge unter den kostenlosen Rufnummern 0800 / 111 01 11 oder 0800 / 111 02 22.


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