Gifhorn. Vier Wochen ist die Landtagswahl nun her und noch steht keine neue Landesregierung. Aktuell laufen die Koalitionsgespräche zwischen der CDU und der SPD. regionalHeute.de fragte die neuen Landtagsabgeordneten, wie sie eine mögliche große Koalition sehen.
Eine Fortführung der bisherigen rot-grünen Regierung ist aufgrund des Wahlergebnisses nicht mehr möglich und eine große Koalition gilt als wahrscheinlichste Option.
Philipp Raulfs (SPD)
Für Raulfs ist es noch nicht sicher, dass es eine große Koalition geben wird. Der SPD-Landesvorstand habe zwar einstimmig beschlossen, in Koalitionsverhandlungen mit der CDU zu treten, aber am 18. November stimme ein außerordentlicher Parteitag der SPD über den Vertrag ab. "Bis dahin bleibt abzuwarten, wie die Verhandlungen verlaufen und auf welche inhaltlichen Punkte wir uns einigen. Nur bei erfolgreichen Verhandlungen, mit klar erkennbaren sozialdemokratischen Akzenten, wird eine breite Zustimmung auf dem Parteitag zum Koalitionsvertrag und damit zur Großen Koalition möglich sein", betont der SPD-Politiker.
Wenn die Koalition zustande kommt, ist es jedoch seine Erwartung, dass sie auch halte. "Dazu bedarf es natürlich viel Disziplin und gegenseitigem Respekt." Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, dass das Land zuverlässig und mit großem Verantwortungsbewusstsein regiert werde. Dafür stehe die SPD.
"Wir müssen das Land Niedersachsen zukunftsfähig machen. Dabei spielt die Infrastruktur von Schulen, Straßen und Gebäuden in unserem Land eine wichtige Rolle", das steht für Raulfs fest. Gleichzeitig müsse das Land bei dem Thema Digitalisierung den Anschluss halten und sich weiterentwickeln. Für die Region müssten die Weichen für wirtschaftlichen Erfolg gestellt werden. "Nur so wird es auch weiterhin zukunftsfähige Arbeitsplätze hier in der Region geben", ist er sich sicher. Um diese Ziele zu erreichen, bedürfe es der Einführung eines gebührenfreien Bildungssystems. Als Beispiel dafür nennt er die Abschaffung von Kita-Gebühren, des Schulgeldes für soziale Berufe und der Gebühren für die Meisterschule. Außerdem müssten die Beförderungskosten für Schüler der Sekundarstufe II übernommen werden.
Bei der Frage nach seiner Wunschregierungskoalition ist die Antwort für Raulfs klar: Rot-Grün. "Gerade die Bilanz der gemeinsamen Arbeit in den letzten 4,5 Jahren zeigt, dass wir das Land entschieden voranbringen konnten. Das hätte ich gerne fortgesetzt."
Imke Byl (Grüne)
Byl sieht die große Koalition kritisch. "Beide Parteien laufen sehenden Auges in ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die SPD hat jetzt die Chance zu zeigen, wie viel sie von der CDU trennt und ob sie viele der Erfolge der rot-grünen Landesregierung für eine Koalition der CDU bereit ist leichtfertig rückabzuwickeln", begründet sie. "Das wird sie viele Wählerstimmen kosten." Aktuell sehe es aber nach einer großen Koalition aus, denn die Gespräche scheinen relativ reibungslos und schnell zu verlaufen.
"Die Große Koalition bedeutet ein immenses Stimmenübergewicht der Regierungsparteien im Landtag. Als größte Oppositionspartei kommt uns somit eine entscheidende Rolle zu, die Funktionsfähigkeit und Kontrollfunktion des Parlaments sicherzustellen und dem drohenden Stillstand in Niedersachsen etwas entgegenzusetzen", beschreibt die Grünen-Politikerin ihre wahrscheinliche Aufgabe für die nächste Legislaturperiode. Durch den Einzug der AfD müsse die Grünen-Fraktion parallel darum kämpfen, dass Frauen- und Fremdenhass sowie das Schüren von Ängsten keine Konjunktur im Landtag erhalten. "Nicht nur die im bundesweiten Vergleich niedrigen Prozentpunkte der AfD zeigen, dass Niedersachsen ein weltoffenes Land ist und auf die Tricks der Rechtspopulisten nicht hereinfällt", ist sie sich sicher.
Viele wichtige Projekte seien durch die vorgezogenen Neuwahlen nicht mehr verwirklicht worden. "Wir brauchen dringend ein Klimaschutzgesetz und müssen uns weiter um unsere Gewässer kümmern, die viel zu stark mit Nitrat belastet sind. Unsere eingeleitete sanfte Agrarwende ist entscheidend für Tierwohl und Gewässerschutz in Niedersachsen und darf im Wohle der Bevölkerung, der Tiere und der Umwelt keinen kurzsichtigen Interessen geopfert werden", zählt Byl die wichtigsten Aufgaben auf. Außerdem müsse den hierher geflüchteten Menschen echte Perspektiven geboten werden. Sie müssten die Möglichkeit erhalten, sich zu integrieren, statt sie auszugrenzen und pauschal zu stigmatisieren. "Dazu ist es unerlässlich, auch im Bildungssystem anzusetzen und dort erfolgte Maßnahmen zur Chancengleichheit nicht wieder zurückzudrehen, sondern wirken zu lassen", betont sie.
Statt einer großen Koalition habe die Grüne bereits im Wahlkampf für eine Fortführung von rot-grün geworben. "Der große Zuspruch aus der Bevölkerung hat uns darin bestätigt. Der Wahlabend hat gezeigt, wie knapp wir dieses Ziel letztendlich verfehlt haben", fasst Byl das Wahlergebnis zusammen. Die FDP hätte in einer progressiven Ampel-Koalition mit den Grünen einen Partner für einige wichtige Themenbereiche gehabt, wie beispielsweise beim Thema Bürgerrechten, der Digitalisierung oder der offenen Gesellschaft, beschreibt sie eine Alternative. "Kommt die Große Koalition, sieht es nicht nur für diese Themen leider ziemlich duster aus."
Bis zur Veröffentlichung haben nicht alle angeschrieben ein Statement abgegeben. Falls noch welche eingehen, werden diese nachgereicht.
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