Stephan Weil in unserer Celler Redaktion. Foto: CelleHeute.de
Auf 96 Seiten haben heute, am Tag des politischen Aschermittwochs, SPD und Grüne in Hannover nach nur zehn Verhandlungstagen ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Darin setzt die designierte rot-grüne Landesregierung Schwerpunkte in der Bildungs- und Haushaltspolitik. Am Wochenende sollen Parteitage über den Vertrag abstimmen. Am nächsten 19. Februar kommt dann der neue niedersächsische Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Der bisherige Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover,Stephan Weil (SPD), soll dann zum Ministerpräsident gewählt werden.
Das Betreuungsangebot für Kleinkinder soll deutlich verbessert werden und sich "am Bedarf" orientieren. Wie im Wahlkampf versprochen, wollen sich beide Parteien unter anderem für die Abschaffung von Studiengebühren einsetzen und sich den Herausforderungen durch eine älter werdenden Gesellschaft stellen. Außerdem sollen Ganztags-Angebote an möglichst vielen Schulen eingerichtet werden. Gesamtschulen soll es künftig überall dort geben, wo Eltern und Schulträger das wollen. Zudem wollen die Parteien das Abitur nach neun Jahren an Gesamtschulen wieder zulassen.
Die Aufgaben des Verfassungsschutzes sollen überprüft und die Stichwahl bei Oberbürgermeister- und Landratswahlen "unverzüglich" wieder eingeführt werden. Außerdem strebt Rot-Grün eine "deutliche Absenkung der Quoren für Volksbegehren und Volksentscheide an".
Polizisten sollen künftig anonymisierte Kennzeichnungen tragen. Die rot-grüne Koalition will die von der alten Landesregierung ausgeweitete Videoüberwachung wieder einschränken und Drohneneinsätze sogar gänzlich verbieten.
Beide Parteien wollen sich gegen weitere Atomtransporte nach Gorleben einsetzen und befinden, dass der Salzstock "nicht als Endlager für hoch radioaktiven Müll geeignet ist. Deshalb müsse er endgültig aufgegeben werden, heißt es in dem Vertrag. Bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager soll es "einen echten Neubeginn" geben.
Den Koalitionsvertrag im Original veröffentlichen wir hier.
Eine vom NDR erstellte Übersicht der wichtigsten Schwerpunktthemen verlinken wir hier.
CDU: "Ein Dokument des Stillstandes und des Rückschritts"
Für den Vorsitzenden der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Björn Thümler, ist der heute veröffentlichte Koalitionsvertrag von SPD und Grünen ein „Dokument des Stillstandes und des Rückschritts".
Thümler sagte: „Dass SPD und Grüne ihre offensichtlich mit der heißen Nadel gestrickte Koalitionsvereinbarung mit ,Erneuerung und Zusammenhalt' überschreiben, ist eine Farce. Tatsächlich wird die Umsetzung des mit wohlfeilen Worthülsen gespickten Vertrages Niedersachsen in vieler Hinsicht teuer zu stehen kommen."
So sei eine seriöse Haushaltskonsolidierung nicht im Ansatz erkennbar, kritisierte Thümler, von der Schuldenbremse ist erst im Jahr 2020 die Rede. „Einfallsreich sind SPD und Grüne allein dann, wenn es um das Aufspüren neuer staatlicher Einnahmequellen geht. Die angekündigten Abgabeerhöhungen und die vehemente Befürwortung von Steuererhöhungsorgien werden am Ende Wachstum bremsen und Beschäftigung gefährden." Zu den Leidtragenden der rot-grünen Politik würden Niedersachsens Kommunen gehören. „Von Entschuldungshilfe und Zukunftsvertrag für Kommunen ist nichts zu lesen. Obendrein kündigen SPD und Grüne an, die Förderung des kommunalen Straßenbaus um ein Drittel jährlich - also etwa 25 Millionen Euro - zu kürzen. Das wird die Leistungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden dramatisch einschränken."
Auf den Bildungsbereich, einen Schwerpunkt von SPD und Grünen, sieht Thümler künftig „eine Fülle" von Verwerfungen zukommen. „Rot-Grün arbeitet mit Feuereifer an der Einführung der Einheitsschule. Dass dabei ,jede' Schulform einen Weg zum Abitur offen halten soll, bedeutet nichts weniger als die Abwertung der Gymnasien." Mit der angekündigten Auflösung und Überführung von Förderschulen in allgemeinbildende Schulen werde die Inklusion laut Thümler ad absurdum geführt. „Eltern von Kindern mit besonders schweren Behinderungen werden das zu Recht nicht akzeptieren können."
Mit Blick auf die Innenpolitik erneuerte der CDU-Fraktionschef seine Kritik an der Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten. „Nummerierte Polizisten und Beschwerdestellen sprechen für das tiefe Misstrauen der Grünen gegenüber unserer Polizei. Dass sich im Kontext der Inneren Sicherheit im Koalitionsvertrag nicht ein einziges Mal der Begriff ,Linksterrorismus' oder ,islamischer Fundamentalismus' findet, belegt die verquere Sicht, mit der SPD und Grüne in Niedersachsen für die Sicherheit der Bürger sorgen wollen."
mehr News aus der Region