Wolfsburg. Hoch her ging es am gestrigen Mittwoch in der letzten Sitzung des Rates der Stadt Wolfsburg in diesem Jahr. Grund waren zwei Entscheidungen, die mit den Stimmen von CDU, PUG und AfD gegen die Gruppen SPD/Die Linke und FDP/Die Grünen/Volt durchgesetzt wurden. Aufgrund mehrere fehlender Ratsmitglieder der SPD hätte auch eine Mehrheit von CDU und PUG gereicht. Inhaltlich ging es zum einen um eine Änderung der Geschäftsordnung sowie um die Ausschreibung einer Dezernentenstelle.
Beschlossen wurde, die Stelle des Stadtrates für Wirtschaft und Digitales neu auszuschreiben, nachdem Dennis Weilmann zum Oberbürgermeister aufgestiegen ist. Auch das Thema Umwelt und Klimaschutz könnte dem Dezernat zugeordnet werden, wenn das persönliche Profil passe. Die SPD hatte die Ausschreibung abgelehnt, da man eine Verwaltungsreform anstrebe. Zudem wurde in der Änderung der Geschäftsordnung beschlossen, dass künftig Fraktionen, die sich zu einer Gruppe zusammen schließen, ihr Recht als eigenständige Fraktion an diese Gruppe abgegeben. Das heißt zum Beispiel, dass nur noch Gruppenanträge eingereicht werden können und nicht mehr von einzelnen Fraktionen.
Rechtliche Überprüfung in Auftrag gegeben
Immacolata Glosemeyer, SPD-Ratsfrau und Landtagsabgeordnete, hat hierzu eine rechtliche Überprüfung durch das Niedersächsische Innenministerium in Auftrag gegeben. Bei der Reform des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes habe man sich bewusst gegen eine wie jetzt in Wolfsburg beschlossen Regelung entschieden, teilt die Abgeordnete in einem öffentlich gemachten Brief an Innenminister Boris Pistorius mit.
Das lässt jeden politischen Anstand vermissen und ist darüber hinaus ein schlechter Start in die Amtszeit von Oberbürgermeister Weilmann.
Empört zeigt sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Georg Bachmann: „Wir, als SPD-Fraktion, sind schockiert über die Geschehnisse und Anmaßungen während der vergangenen Ratssitzung. Das Angebot der CDU für ein Pairing, um die Mehrheitsverhältnisse aufgrund des krankheitsbedingten Fehlens von vier Ratsmitgliedern der SPD-Fraktion auszugleichen, war an eine klare Bedingung geknüpft. Die SPD sollte keine Kritik daran üben, dass möglicherweise Entscheidungen in der Ratssitzung nur mit Unterstützung der AfD-Fraktion zustande kommen. Dies macht deutlich, dass das `Drehbuch´ für die Ratssitzung am 22. Dezember bereits geschrieben war und CDU und PUG gemeinsame Sache gemacht haben, um die Rechte von Fraktionen beziehungsweise Gruppen über eine Änderung der Geschäftsordnung des Rates einzuschränken und die Ausschreibung einer Dezernentenstelle durchzudrücken. Dies alles - sehenden Auges - mit Unterstützung der AfD-Fraktion. Das lässt jeden politischen Anstand vermissen und ist darüber hinaus ein schlechter Start in die Amtszeit von Oberbürgermeister Weilmann.“
„Wir sind ausschließlich an einer sachorientierten Politik zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt Wolfsburg interessiert.
Die CDU weist die Vorwürfe zurück. „Wir sind ausschließlich an einer sachorientierten Politik zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt Wolfsburg interessiert. Wir haben der Verwaltungsvorlage zur Ausschreibung des Dezernats zugestimmt, weil es die richtige Entscheidung für die Zukunft unserer Stadt ist und nun endlich die Voraussetzung schafft, uns wieder in den wichtigen Bereichen Wirtschaft und Digitalisierung personell zukunftsfähig aufzustellen“, so der Fraktionsvorsitzende Christoph-Michael Molnar in einer Pressemitteilung. Warum die SPD kein Pairing beantragt habe könne er nicht verstehen, teilt er auf Nachfrage von regionalHeute.de. Von irgendwelchen Bedingungen könne keine Rede sein.
In der Pressemitteilung stellt die CDU Fraktion noch einmal fest, dass sie eine Zusammenarbeit mit der Linken und der AfD ausschließe. Dadurch bekenne sie sich erneut zur Beschlusslage der Bundespartei. Die AfD sei zudem an keiner Stelle erforderlich gewesen, um eine Mehrheit für die Vorlage zu generieren. Allerdings betonen die Christdemokraten auch, dass insbesondere der neue Trend im Rat Gruppen zu bilden, die AfD unnötig aufwerte. Dazu Fraktionsvorstandsmitglied Werner Reimer: ,,Die durch die zwei Gruppenbildungen entstandene Blockbildung hat besonders die Rolle der AfD erst hervorgebracht und sollte möglichst durch übergreifende Kooperation wie zu Anfang der Periode wieder hergestellt werden.“
Volt besorgt über tiefe Gräben
Besorgt äußert sich Volt Wolfsburg über die tiefen Gräben, die sich in der Ratssitzung zwischen den im Rat vertretenen Fraktionen offenbart hätten und über Mehrheiten mit Einbezug von Stimmen außerhalb des demokratischen Spektrums. Das Gelingen der Herausforderungen vor der die Stadt stehe, erfordere eine gemeinsame Kraftanstrengung aller demokratischen Parteien und Gemeinschaften. "Wir als Volt Wolfsburg werden dafür für überparteiliche Kooperationen in den verschiedenen Gremien der Stadt einstehen. Darüber hinaus fordern wir alle politischen Entscheidungsträger auf, möglichst schnell zu einer demokratischen Zusammenarbeit, ohne jeglichen Einbezug oder Duldung von Stimmen der AfD, zurückzukehren", heißt es in einer Pressemitteilung.
Die AfD selbst weist in einer Pressemitteilung ebenfalls darauf hin, dass CDU und PUG auch ohne die Stimmen der AfD eine Mehrheit gehabt hätten. Zudem habe es die AfD-Fraktion schon die ganzen vergangenen fünf Jahre so gehalten, dass man für Anträge oder Vorlagen gestimmt habe, wenn diese aus der Sicht der AfD gut waren. "Umgekehrt haben wir diese eben abgelehnt, wenn wir der Auffassung waren, dass sie nicht gut für die Stadt wären. Das haben wir immer so gemacht, ohne Ansehen der Partei dahinter und so werden wir das auch in Zukunft machen", so der Fraktionsvorsitzende Thomas Schlick.
"Das Ende der Groko in Wolfsburg"
Dass sich nach dem "Ende der Groko" neue, wechselnde Mehrheiten finden werden, sei vorhersehbar gewesen. "Es mag ja sein, dass die SPD in Wolfsburg und Herr Bachmann im Besonderen sich in den vergangenen Jahren daran gewöhnt haben, dass Beschlüsse stets in Eintracht getroffen werden und niemals eine Niederlage ansteht, weil sich CDU und SPD im Vorfeld darauf verständigt haben. Nun, diese Zeiten sind zum Glück vorbei!", so Schlick weiter. Die SPD in Wolfsburg habe es für klug gehalten, wegen ein paar Mandaten für beratende Ausschussmitglieder, sich mit der Linkspartei zu verbünden. Dadurch sei die Große Koalition auch in Wolfsburg Geschichte und das dürfe die SPD nun auch nicht wundern. "In der Folge wird es in Zukunft wohl viel öfter wechselnde Mehrheiten je nach Sachlage und den Positionen der einzelnen Fraktionen geben und wer weiß - vielleicht findet auch einmal ein SPD-Antrag in Zukunft nur deshalb die Zustimmung, weil dem die AfD zustimmt. Ich bin gespannt, wie Herr Bachmann dann reagiert", prophezeit der Fraktionsvorsitzende.
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