Region. Am gestrigen Mittwochabend wurde das Aus der Ampel-Koalition in Berlin besiegelt. Während Bundeskanzler Olaf Scholz Neuwahlen im März in Aussicht stellte, kommen Stimmen aus der Opposition, denen das zu spät ist. regionalHeute.de bat die Bundestagsabgeordneten aus unserer Region um Stellungnahmen zu den aktuellen Entwicklungen.
Noch am Mittwochabend fragten wir die Abgeordneten nach ihrer Einschätzung und den Erwartungen zur weiteren politischen Entwicklung. Wie wird die Entscheidung von Bundeskanzler Scholz, Christian Lindner zu entlassen, bewertet? Wie wird auf das Ende der Ampel-Koalition reagiert? Welche Konsequenzen sehen die Abgeordneten für sich persönlich und für ihre politische Arbeit? Sollte es zu Neuwahlen oder zu einer Minderheitsregierung kommen, welche Position wird die jeweilige Fraktion dabei einnehmen?
"Eine Phase der Unsicherheit eingeleitet"
Noch in der Nacht erreichte uns die Stellungnahme der Braunschweiger FDP-Abgeordneten Anikó Glogowski-Merten. Sie wehrt sich gegen die Vorwürfe von Kanzler Olaf Scholz, der hauptsächlich FDP-Chef Christian Lindner für das Scheitern der Koalition verantwortlich gemacht hatte. Sie schreibt:
„Wir stehen heute an einem entscheidenden Punkt für die Zukunft unseres Landes. In der FDP haben wir konkrete und durchdachte Vorschläge für eine notwendige Wirtschaftswende vorgelegt – mit dem Ziel, Deutschland auf Erfolgskurs zu bringen: Weniger Bürokratie, niedrigere Steuerlasten, eine pragmatische Klima- und Energiepolitik sowie eine bessere Steuerung der Migration sind zentrale Punkte, die auf Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Innovationsfreude setzen. Leider wurden diese nicht als Grundlage für eine konstruktive Debatte durch die Koalitionspartner akzeptiert.
Im bereits vorbereiteten Statement des Bundeskanzlers am heutigen Abend wurde deutlich, warum. Olaf Scholz verkennt seit Langem den dringenden Handlungsbedarf für einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch. Auch die wirtschaftlichen Sorgen vieler Bürgerinnen und Bürger werden unterschätzt. Als Bundeskanzler hätte Olaf Scholz den Mut und die Kraft zeigen müssen, Deutschland in eine stabile und erfolgreiche Zukunft zu führen. Er hat ultimativ gefordert, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse aufzugeben – ein Schritt, dem wir aus tiefster Überzeugung nicht zustimmen können. Der Bundeskanzler hat daraufhin die Zusammenarbeit mit der FDP aufgekündigt und eine Phase der Unsicherheit eingeleitet.
Wir als Freie Demokraten haben in den vergangenen Jahren Kompromisse gemacht, klare Prinzipien verfolgt und stets das Wohl unseres Landes in den Vordergrund gestellt. Doch wir stehen auch in dieser Situation fest zu unseren Überzeugungen und sind bereit, für die Zukunft Deutschlands einzutreten – in Verantwortung und mit Blick auf das Gemeinwohl. Wir werden mit aller Kraft dafür kämpfen, Deutschland auf einen Kurs zu bringen, der für alle Bürgerinnen und Bürger Zukunft und Sicherheit schafft. Und einer klaren Unterstützung der Ukraine - inklusive Waffensysteme wie Taurus.“
"Schnellstmöglich Neuwahlen!"
Der Braunschweiger CDU-Abgeordnete Carsten Müller fordert in seiner Antwort schnellere Konsequenzen als von Scholz angedacht. Er meint:
„Die Bundesregierung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ist krachend gescheitert. Von Beginn an wurde die Ampel ihrer Verantwortung nie gerecht. Mit dem Bruch der Ampel ist auch die Legislaturperiode zu Ende. Die Lage in unserem Land, Europa und der Welt ist zu ernst, um weiter im Ampelmodus rumzumurksen. Die gestrigen Erklärungen von Vertretern der vormaligen Ampelpartner und ihr Maß an Herablassung und gegenseitiger Verachtung werfen ein helles Licht auf den beklagenswerten Zustand von SPD, Grünen und FDP.
Der Bundeskanzler muss dem Scheitern seiner Bundesregierung Taten folgen lassen: Es muss schnellstmöglich Neuwahlen für ein handlungsfähiges Parlament und eine neue, verantwortungsvoll agierende Bundesregierung geben. Daher erwarte ich in der kommenden Woche die Vertrauensfrage im Parlament und einen Wahltermin im Januar 2025.“
"Parteipolitisches Kalkül über das Interesse des Landes gestellt"
Frank Bsirske, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen für Wolfsburg und Helmstedt, bedauert das Aus der Koalition, hält das Handeln des Kanzlers aber für richtig:
"So wie sich Christian Lindner verhalten hat, blieb dem Bundeskanzler nichts anderes übrig. Wir Grüne haben sehr konkrete Vorschläge gemacht, wie man den Haushalt hinbekommen kann. Robert Habeck ist vorangegangen und hat mehrere Milliarden aus dem Klimafonds angeboten, um den Haushaltausgleich zu erleichtern. Wir wussten, wir kriegen das hin, wenn sich alle zusammenreißen und alle von ihren Maximalpositionen einen Schritt zurückgehen und Verantwortung übernehmen für das Land. Dazu war Christian Lindner nicht bereit. Er hat parteipolitisches Kalkül über das Interesse des Landes gestellt und sich aus der Verantwortung gestohlen. Das geht nicht.
Der Bundeskanzler hat angekündigt, die Vertrauensfrage zu stellen, womit der Weg für Neuwahlen vorgezeichnet ist. Bis dahin wollen wir noch besonders eilbedürftige Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen. Dazu gehören die Umsetzung der europäischen Asylreform sowie Unterstützungsmaßnahmen für die Automobilindustrie, etwa durch abgesenkte Netzentgelte. Es muss jetzt gehandelt werden und nicht erst nach Neuwahlen. Und dazu sollten auch CDU und CSU beitragen.
Christian Lindner stiehlt sich aus der Verantwortung. Das ist eine schlechte Nachricht für die vielen Rentnerinnen und Rentner, denen mit einer Stabilisierung des Rentenniveaus geholfen wäre. Und auch für alle, die auf schützende Tarifverträge angewiesen sind. Das Tariftreuegesetz, das die Vergabe öffentlicher Aufträge an Tarifverträge bindet, wird jetzt nicht mehr kommen. Das ist mehr als bedauerlich. Gute Renten und Schutz durch Tarifverträge liegen mir persönlich sehr am Herzen. Ich hätte sie gern noch auf den Weg gebracht."
"Land braucht jetzt Klarheit und Stabilität"
Die SPD-Bundestagsabgeordnete für Wolfenbüttel und Salzgitter, Dunja Kreiser, blickt vor allem in die Zukunft. Die Zeit bis zu den Neuwahlen solle man für wichtige Vorhaben nutzen:
"Unser Bundeskanzler Olaf Scholz hat gestern in einer starken Rede eine klare und notwendige Entscheidung getroffen. Die mangelnde Kompromissbereitschaft und die Ausrichtung auf rein parteipolitische Interessen eines der Koalitionspartner hat die Zusammenarbeit lange belastet, nun hat Olaf Scholz gehandelt und den Streit, der dringende Beschlüsse gehemmt hat, damit beendet.
Nach intensiven Verhandlungen hat der Bundeskanzler den Koalitionspartnern einen Vorschlag unterbreitet für wirtschaftlichen Aufschwung und sichere Arbeitsplätze. Mit gezielten Investitionen in die Sicherheit unseres Landes, Unterstützung der Ukraine und einer Senkung der Energiepreise sorgt dieser Plan für den Schutz und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Wir wollen Aufschwung für alle, nicht nur für Wenige. Die SPD wird nicht zulassen, dass äußere Sicherheit gegen innere Sicherheit und unseren Sozialstaat ausgespielt wird. Olaf Scholz hat das richtig zusammengefasst: Das wäre Wasser auf die Mühlen der Feinde unserer Demokratie.
Unser Land braucht jetzt Klarheit und Stabilität. Wir stehen vor wichtigen Entscheidungen, die langfristige Schäden verhindern und die Zukunft unseres Landes sichern müssen. Daher setzen wir uns für einen geordneten Übergang und vorgezogene Neuwahlen im Frühjahr ein. Bis dahin werden wir als SPD nicht die Hände in den Schoß legen. Wir übernehmen weiter die Verantwortung für die brennenden Entscheidungen, die anstehen. Dazu werden wir auch mit der Union reden. Unsere Wirtschaft kann nicht warten bis zu den Neuwahlen.
Selbstverständlich übernehme auch ich als direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für Salzgitter, den Landkreis Wolfenbüttel und den Nordharz weiter Verantwortung. Jetzt und in Zukunft.
Spätestens Ende März wird es Neuwahlen geben. Und ich kandidiere erneut für den Bundestag. Denn für mich ist klar: Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern und Beschäftigte entlasten, das sind Dinge, die müssen ganz oben auf die politische Tagesordnung."
"Ständige Blockaden von Christian Lindner"
Ein Pressestatement zum Thema erreichte uns auch von Hubertus Heil, SPD-Bundestagsabgeordneter für Gifhorn und Peine sowie Bundesarbeitsminister im Kabinett Scholz. Er verteidigt erwartungsgemäß den Kanzler:
"Bundeskanzler Olaf Scholz hat gestern aus Verantwortung für Deutschland gehandelt und den Bundesminister der Finanzen, Christian Lindner, entlassen. Unser Land braucht jetzt kluge Entscheidungen, die das Wohl der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes im Blick haben. Deshalb ist es richtig, dass Olaf Scholz jetzt die dringenden Aufgaben zur Chefsache macht: Dazu gehören spürbare finanzielle Erleichterungen für diejenigen, die jeden Tag hart arbeiten, sichere Renten für diejenigen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, und Wirtschaftsimpulse für unsere Industrie, um auch den Wohlstand von morgen zu sichern. Diese Entscheidungen wird er noch vor Weihnachten im Bundestag zur Abstimmung stellen.
Das Land kann sich die egoistische Klientelpolitik und die ständigen Blockaden von Christian Lindner nicht länger leisten. Diese beschädigen nicht nur das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit der Regierung, sondern haben auch unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft und Arbeitsplätze in meiner Heimat. Das betrifft die Automobilindustrie ebenso wie den Mittelstand oder das Handwerk.
Im Frühjahr des kommenden Jahres wird dann in vorgezogenen Bundestagswahlen über die Zukunft unseres Landes entschieden. Ich bin als Kandidat bereit, weiterhin Verantwortung in stürmischen Zeiten für meine Heimat Gifhorn und Peine zu übernehmen, und werde um das erneute Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger kämpfen."
"Durch das Verhalten der Lindner-FDP ausgebremst"
Der Braunschweiger SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Christos Pantazis äußert sich in einem Pressestatement. Er geht mit Christian Lindner hart ins Gericht:
„Dass Christian Lindner in dieser kritischen Zeit und angesichts globaler Krisen den Bruch der Regierungskoalition wissentlich und willentlich provoziert hat, ist ein unverantwortlicher und schädlicher Schritt. Deutschland steht vor immensen Herausforderungen, die eine stabile Regierung erfordern. Mit Donald Trumps Wahlsieg in den USA und dem fortlaufenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine braucht Europa mehr denn je eine verantwortungsvolle deutsche Politik, die Sicherheit und Wohlstand garantiert.
Doch statt Verantwortung zu übernehmen, gefährdet die Lindner-FDP das Vertrauen in Deutschlands Stabilität und die Zukunft unserer Gesellschaft. Die ursprünglich als ‚Fortschrittskoalition‘ gegründete Regierung sollte langfristig in Bildung, Infrastruktur und nachhaltige Technologien investieren. Die SPD-Bundestagsfraktion steht auch weiterhin zu diesen Zielen und setzt sich für zukunftsorientierte Investitionen ein. Lindner hingegen blockiert mit seiner nahezu dogmatischen Sparpolitik den dringend nötigen Fortschritt und nimmt billigend den weiteren Verschleiß unserer Infrastruktur in Kauf - von maroden Brücken bis zu sanierungsbedürftigen Schulen. Generationengerechtigkeit bedeutet schließlich nicht nur eine solide Haushaltspolitik sondern insbesondere eine intakte Infrastruktur zu hinterlassen.
Ich bedauere es sehr, dass die fortschrittliche Politik, die ich im Gesundheitsbereich im Zuge der Krankenhausreform gemeinsam mit den Koalitionspartnern erfolgreich erlebt habe, durch das Verhalten der Lindner-FDP ausgebremst wird. Für mich bleibt unmissverständlich klar: Deutschland braucht keine Spielernaturen, sondern verantwortungsbewusste Politiker.
Das Ende der Ampelkoalition war angesichts der Umstände konsequent und notwendig. Daher sind Neuwahlen unvermeidlich. Bis dahin wird die amtierende Regierung alles dafür tun, um nicht aufschiebbare Projekte, wie den Ausgleich der kalten Progression, die Stabilisierung der gesetzlichen Rente, der Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, der Sofortmaßnahmen für die deutsche Industrie und der Sicherstellung der Ukrainehilfen bis Jahresende zu beschließen. Vor diesem Hintergrund ist die Opposition und insbesondere die Union in der Pflicht mit uns Verantwortung für Deutschland und Europa bis zu den Neuwahlen zu übernehmen. Sie muss sich klar zu Stabilität Deutschlands und Europas bekennen.
Es wird sich zeigen, ob es der CDU/CSU um die Stabilität Deutschlands und Europas geht oder lediglich darum, ihren Partei- und Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums zum Kanzler zu wählen. Dies mit größter Wahrscheinlichkeit nur mit der Unterstützung der rechtsextremen AfD. Ein Unterfangen, welches unsere Rechtsstaatlichkeit, innere sowie äußere Sicherheit gefährden würde und uns als Gesellschaft auseinander zu reißen droht. Für mich gilt immer die Maxime: Erst kommt das Land dann die Partei. Die Union muss sich entscheiden: Verantwortung für Deutschland oder Parteipolitik zugunsten persönlicher Ambitionen! Ich bin bereit für Neuwahlen – wann immer sie sein mögen!“
"Entscheidung verdient Respekt"
Die SPD-Abgeordnete Frauke Heiligenstadt (unter anderem Teile des Landkreis Goslar) äußert sich ebenfalls in einem allgemeinen Pressestatement:
"Olaf Scholz hat mit seiner Entscheidung Verantwortung übernommen und Führungsstärke bewiesen. Er hat aus seiner Verantwortung für Deutschland heraus Konsequenzen gezogen, nachdem er in den letzten drei Jahren immer wieder auf konstruktive Lösungen für die Koalition gedrängt hatte. Er hat teilweise bis zur Selbstaufgabe Geduld bewiesen und immer wieder versucht, Kompromisse anzubieten. Leider gab es zu diesen Kompromissen, die neue Impulse für die Wirtschaft, sichere Arbeitsplätze, mehr Geld für unsere Sicherheit, die Senkung der Energiepreise und zusätzliche Investitionen in unser Land beinhalteten, am Ende offenbar keine Bereitschaft und keine Kraft seitens der FDP mehr.
Zu einer guten Regierungsarbeit gehören eine geräuschlose und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Interesse des Landes statt eines öffentlich ausgetragenen und kräftezehrenden Streits. Die Entscheidung von Olaf Scholz ist daher konsequent, richtig und verdient Respekt. Leider hat der Streit auch zu lähmenden Situationen bei einzelnen wichtigen Gesetzesvorhaben geführt. Nun hat der Bundeskanzler den Streit aufgelöst.
Wir stehen vor großen Herausforderungen, national, aber auch international. Die Bundesregierung ist viele dieser Herausforderungen kraftvoll und mit guten Ideen angegangen. So waren zum Beispiel die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie die Folgen von Putins Überfall auf die Ukraine zu bewältigen. Ereignisse, die uns auch in Deutschland maximal gefordert haben und auch weiterhin fordern. Bundeskanzler Scholz hat uns stabil, sicher und besonnen durch diese Krisen geführt. Unter Bundeskanzler Scholz haben wir auch wichtige Fortschritte in Fragen der sozialen Gerechtigkeit erzielen können, indem wir den Mindestlohn, das Wohngeld, das BAFöG, Rechte von Betriebsräten und vieles mehr zukunftsweisend aufgestellt haben.
Deutschland braucht jetzt Klarheit und Stabilität. Die Bundesregierung ist handlungsfähig. Gesetzesvorhaben und Entscheidungen, die keinen Aufschub dulden, werden im Bundestag zur Abstimmung gestellt. Es ist gut, dass Olaf Scholz nun einen klaren Weg aufgezeigt hat, wie die SPD gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen die notwendigen und wichtigen Gesetzesvorhaben noch in diesem Jahr zu Ende zu führen kann. Dazu gehören unter anderem wichtige Entscheidungen zur Finanzierung der Pflegeversicherung, zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente, der Ausgleich der Kalten Progression zur Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Freistellung des Existenzminimums, die schnelle Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und auch industriepolitische Unterstützung, insbesondere für die Automobilindustrie und deren Zulieferer.
Nun muss auch die CDU/CSU deutlich machen, ob sie staatsbürgerliche Verantwortung übernimmt und wichtige Gesetzesvorhaben mitträgt, oder ob sie aus parteitaktischen Gründen ausschließlich auf schnellstmögliche Wahlen setzt. Der Bundeskanzler hat dazu einen pragmatischen Vorschlag gemacht, wie die Handlungsfähigkeit der Regierung weiter gewährleistet werden kann. Ein geordneter Weg zu Neuwahlen, der ordentliche Vorbereitungen in den Kommunen ermöglicht, gehört auch dazu."
"Egoismus ist auch in diesem Kontext untragbar"
Die Bundestagsabgeordnete Karoline Otte (Bündnis 90 / Die Grünen) hält die Entlassung des Bundesfinanzministers Christian Lindners für folgerichtig. Die Abgeordnete aus demselben Wahlkreis wie Frauke Heiligenstadt sieht nun auch die Union in der Pflicht, staatspolitische Verantwortung zu übernehmen:
"Die Entlassung des Finanzministers Christian Lindern ist richtig. Wer in eine Regierung geht, muss sich Herausforderungen stellen und Verantwortung übernehmen, anstatt sich wegzuducken. Dass der Finanzminister dieser Verantwortlichkeit offensichtlich nicht gerecht werden wollte, ist beschämend.
Es braucht in diesen Tagen klare Solidarität mit den Beschäftigten bei Volkswagen. Es geht um die zügige Sicherung weiterer Industriearbeitsplätze. Lindners parteipolitischer Egoismus ist auch in diesem Kontext untragbar. Als Grüne sind wir weiterhin gewillt trotz schwieriger Umstände unsere Verpflichtung in der Bundesregierung nachzukommen.
Wir sehen nun auch die Unionsfraktion in der Pflicht, bis zu Neuwahlen Verantwortung für unser Land zu übernehmen und sich mit uns Grünen und der SPD an den Verhandlungstisch zu setzen. Wir haben Vorschläge für ein Paket auf den Tisch gelegt, um die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei den vielen Zulieferbetrieben zu sichern. Auch die Reduzierung der Energiekosten per Reduzierung der Netzentgelte würde viele Unternehmen in der Region zügig entlasten. Beide Maßnahmen könnten noch in diesem Jahr im Bundestag beschlossen werden. Friedrich Merz kann sich entscheiden, schon jetzt in den Bundestagswahlkampf starten zu wollen oder gemeinsam staatspolitische Verantwortung zu übernehmen."
"Es braucht eine bessere Politik"
regionalHeute.de hatte auch den Bundestagsabgeordneten der Linken, Victor Perli, angefragt. Dieser reichte sein Statement am Abend nach. Er möchte mit seiner Partei wieder voll durchstarten:
"Die Ampel ist Geschichte. Sie ist an den zentralen Herausforderungen unseres Landes gescheitert - und an sich selbst. Zur Bilanz ihrer Politik gehört eine weit verbreitete Abstiegsangst in großen Teilen der Bevölkerung, eine zunehmende soziale Spaltung, eine anhaltende wirtschaftliche Rezession und große Sorgen vor weiterer kriegerischer Eskalation. Die enorm gestiegenen Preisen, etwa für Lebensmittel, Energie und Mieten, sind eine große Belastung. Vielen Menschen fehlt zu Recht das Verständnis dafür, dass für Rekordausgaben bei der Rüstung Geld da war, aber dringend notwendige Zukunftsinvestitionen für Gesellschaft, Wirtschaft und sozialen Zusammenhalt auf der Strecke geblieben sind. Die Ampel war auch wie CDU/CSU und AfD dagegen, die wachsende Schicht der superreichen Milliardäre und Multimillionäre wieder anständig zu besteuern. Ich habe auf diese Fehlentwicklungen bei meiner Arbeit im Haushaltsausschuss immer wieder hingewiesen. Das alles wurde erst ignoriert, dann wurde die Ampel zunehmend handlungsunfähig. Der Abbruch der Haushaltsberatungen für 2025 wird absehbar zu zusätzlichen Verwerfungen führen, weil wichtige Anliegen und Projekte zumindest vorerst nicht mehr finanziert werden können.
Jetzt wird es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen. Die Linke hat das Ziel, wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht, dass sich ihr Leben durch politisches Handeln endlich wieder verbessert. Deshalb braucht es nicht nur einen Regierungswechsel, sondern eine andere, eine bessere Politik. Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssen entlastet, nicht immer weiter belastet werden. Es gilt, Sicherheit für die große Mehrheit hier im Land zu schaffen, und dadurch auch Gesellschaft und Demokratie zu stärken."
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