ÖPNV am Scheideweg: Mehr Förderung oder deutliche Einschnitte

Der Regionalverband weist im Hauhalt ein Minus von rund 19 Millionen Euro auf. Ein letztes Mal könne dies durch Rücklagen aufgefangen werden.

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Symbolbild | Foto: Rudolf Karliczek

Region. Vergangene Woche hat die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Großraum Braunschweig einstimmig den Haushalt für das Jahr 2023 beschlossen. Angesichts der Unterfinanzierung des ÖPNV nimmt sie ein Minus von rund 19 Millionen Euro hin, das für 2023 noch einmal durch Rücklagen aufgefangen werden kann. Das berichtet der Regionalverband in einer Pressemitteilung. Für den Verbandsvorsitzenden Detlef Tanke wird 2023 das "Entscheidungsjahr".



Der Regionalverband plant 2023 über 120 Millionen Euro alleine für den Betrieb von Bussen und Bahnen in der Region in seinen Haushalt ein. Das Gesamtvolumen des Haushalts beträgt rund 160 Millionen Euro. Durch die steigenden Kosten für den Betrieb des Öffentlichen Personennahverkehrs beschloss die Verbandsversammlung am 8. Dezember einstimmig, ein Minus von rund 19 Millionen Euro im Gesamthaushalt des Verbands hinzunehmen.

"2023 wird das Entscheidungsjahr"


„Noch können wir die Fehlbeträge durch Rücklagen aus den letzten Jahren ausgleichen“, stellt der Vorsitzende der Verbandsversammlung Detlef Tanke fest. „Auf Dauer können wir das ÖPNV-Angebot mit den vorhandenen Mitteln aber so nicht aufrechterhalten oder gar weiterentwickeln. 2023 wird das Entscheidungsjahr: Entweder Bund, Land und Kommunen stellen genügend Mittel für den ÖPNV zur Verfügung oder wir müssen in einem Jahr über deutliche Einsparungen beraten.“

Die Abschlüsse sind seit 2021 negativ.
Die Abschlüsse sind seit 2021 negativ. Foto: Regionalverband


„Einige Jahre lang konnte der Regionalverband den ÖPNV in der Region Stück für Stück weiterentwickeln und verbessern. Es wurde gut gehaushaltet, sodass wir in den letzten Jahren von Rücklagen zehren konnten“, führt Verbandsdirektor Ralf Sygusch aus. „Die nicht auskömmliche Finanzierung des ÖPNV ist nicht allein unser, sondern ein strukturelles Problem in ganz Deutschland. Und dieses strukturelle Problem spitzt sich jetzt zu: durch die gestiegenen Treibstoff-, Material- und Personalkosten einerseits und die fehlenden Einnahmen aufgrund der Coronapandemie andererseits. Bund und Land müssen sich stärker engagieren, damit wir die Mobilitätswende schaffen. Allein der Umstieg auf E-Mobilität ist keine Mobilitätswende. Es müssen mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Rad umsteigen. Die Kosten des vor allem in der Fläche wichtigen Bausteins Busverkehr können Kommunen und Aufgabenträger nicht mehr alleine tragen.“

RegioBus-Linien kosten viel


Allein bei der Finanzierung der RegioBus-Linien muss der Regionalverband 14 Millionen Euro aus Mitteln ausgleichen, die eigentlich für andere Maßnahmen, insbesondere Investitionen in Infrastruktur und Qualität, vorgesehen sind. Die Energiekostensteigerungen schlagen im Busverkehr mit zirka 7,3 Millionen Euro zu Buche (im Bahnverkehr zirka 5,4 Millionen Euro).

Die Ausgaben steigen stetig.
Die Ausgaben steigen stetig. Foto: Regionalverband


In der Berechnung konnten die voraussichtlich steigenden Regionalisierungsmittel, über die Bund und Länder kürzlich beraten haben, nicht berücksichtigt werden. Auch ein finanzieller Ausgleich für die weiterhin bestehenden Einnahmeverluste durch Pandemie, 49-Euro-Ticket und das geplante 29-Euro-Schüler-/Azubi-Ticket des Landes konnte nicht einberechnet werden. „Wir wissen noch nicht, wie viel Geld bei uns ankommt“, erklärt Sygusch. „Was wir sehr sicher sagen können, ist, dass die zusätzlichen Mittel nur helfen können, das bestehende Angebot aufrecht zu erhalten. Sie werden nicht reichen, um unseren ÖPNV entsprechend der politischen Ziele weiterzuentwickeln.“ So sind für 2023 keine zusätzlichen Angebote geplant, um Takte zu verbessern.

Hat flexo Zukunft?


„Wichtig ist uns, dass das Bedarfsbus-Angebot flexo auch nach Ende der aktuellen Förderung für die Pilotphase zumindest das komplette Jahr 2023 erhalten bleibt“, erklärt Tanke. „Das Angebot ist beliebt, braucht aber noch Zeit, um sich zu etablieren. Es ist die Möglichkeit, öffentlichen Verkehr anzubieten, wo sich kein Linienverkehr lohnt.“ Die Förderung läuft spätestens zu Ende Juni 2023 aus. Eigentlich hätten die Kommunen danach die vollen Kosten tragen müssen. Der Regionalverband plant jedoch, die Kosten bis zum Ende des Jahres 2023 zu 75 Prozent zu übernehmen. Kommunen und Verband hoffen nach entsprechenden Ankündigungen, dass das Land Niedersachsen solche flexiblen Angebote künftig finanziell unterstützt.

In den weiteren Bereichen kann der Regionalverband mit verhältnismäßig geringem Budget wichtige Aufgaben für die Region erledigen. So übernimmt der Verband ab 2023 das Regionalmanagement im Projekt Zukunftsregion SüdOstNiedersachsen, welches durch Landesmittel und in Kooperation mit den Kommunen finanziert wird. Für zirka 2,4 Millionen Euro kann die Abteilung Regionalentwicklung im Jahr 2023 weiterhin wichtige Daten, Konzepte und Planungsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Region etwa zum Ausbau von Erneuerbaren Energien, weiteren Klimaschutzmaßnahmen und auch zum Hochwasserschutz schaffen.

Die Rücklagen schwinden.
Die Rücklagen schwinden. Foto: Regionalverband


Der Regionalverband arbeitet weiterhin an einer zukunftsgerechten Ausgestaltung der Mobilität in der Region. Dazu gehören ein regionsweites Verkehrsmodell, eine Güterverkehrsstudie, die Digitalisierung des ÖPNV (Echtzeitdaten), eine zukunftsorientierte ÖPNV-Infrastruktur sowie die Verknüpfung verschiedener Mobilitätsformen. Den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur fördert der Regionalverband 2023 mit rund 6 Millionen Euro.
Über die Aufgaben und die Haushaltsmittel des Verbands entscheidet die Verbandsversammlung, deren Mitglieder von den Räten der kreisfreien Städte und Landkreise der Region entsandt sind. Mit dem aktuellen Haushalt muss der Regionalverband, trotz eines ausgewiesenen Defizits, keine Schulden machen oder Liquiditätskredite aufnehmen.


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