Reaktion auf Unruhen: Das sagen die Bewohner der Peiner Südstadt

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Ein studierender Bäcker, ein junger Passant und ein weltoffener Café-Besitzer. Verschiedene Schicksale, eine gemeinsame Geschichte. Fotos/Podcasts/Redakteur vor Ort: Alexander Panknin
Ein studierender Bäcker, ein junger Passant und ein weltoffener Café-Besitzer. Verschiedene Schicksale, eine gemeinsame Geschichte. Fotos/Podcasts/Redakteur vor Ort: Alexander Panknin | Foto: Alexander Panknin

Peine. Die Peiner Südstadt ist wegen der Krawalle am vergangenen Samstag in den medialen Mittelpunkt gerückt. Nun hat sich die AfD auch noch mit einer Kundgebung für das kommende Wochenende angekündigt. Doch wie fühlen sich die Anwohner? regionalHeute.de hat nachgefragt.


Wir wollten den Ort sehen, an dem vor knapp einer Woche 40 bis 50 marodierende Männer die Menschen in Angst und Schrecken versetzten (regionalHeute.de berichtete). Ein Einwohner hatte in jener Nacht, am vergangenen Samstag, ein Video mit seinem Handy gedreht. Die Bilder sorgten für Unverständnis und Furcht bei den Bürgern. Die Aufnahmenfanden ihren Weg auch zu Youtube.

Dieallāhu akbar Rufe der Steine schmeißenden und Knüppel schwingenden Randalierer erinnerten stark an Szenen aus den Krisenregionen im Nahen Osten. Unzählige Kommentare in den sozialen Medien schaukelten sich zusammen mit den Berichten in der Presse zu einem eindeutigen Tenor auf. Als bekannt wurde, dass es sich bei den Beteiligten hauptsächlich um Flüchtlinge handelte, dauerte es nicht lang, bis sich ein Widerstand formierte. Die AfD beantragte, eine Kundgebung abhalten zu dürfen. Seit gestern liegtdie Erlaubnis der Stadt vor. (regionalHeute.de berichtete)

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Braunschweiger Straße mit Blick auf den Bahnhof. Foto: alexander Panknin



Die Anwohner sind wegen dieser Entscheidung enttäuscht. "Wir haben den Bürgermeister selbst gewählt", äußert ein Bürger resigniert. Er sei erst kurz im Amt und man habe dafür kein Verständnis, dass eine Gruppierung von außerhalb, die scheinbar nur auf Provokation aus sei, in Peine demonstrieren darf.

Ein freundlicher Empfang


Tage nach dem Zwischenfall wirken die Straßen nun alles andere als bedrohlich. Ein Mann sortiert Obst und Gemüse von einer Palette in seinen Verkaufsstand, Passanten gehen mit ihren Kindern durch die Straße. Ein weiterer Mann raucht eineZigarette vor seinem Café. Hier herrscht augenscheinlich Ruhe. Der belebte Straßenzug, die Braunschweiger Straße, in Richtung Bahnhof scheint wieder ein ganz normaler Ort zu sein. Eserinnert nichts mehr an das vergangene Wochenende.

Es dauert nicht lang, jemanden für ein Interview zu finden. Offen und freundlich teilen die Menschen aus der Braunschweiger Straße mit, wie sie die Übergriffe wahrgenommen haben und was sie über das Auftreten der AfD denken.

Ein Passant


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Ein junger Passant kreuzt den Weg und spricht über die Ereignisse. "Die Polizei muss jetzt für Ordnung und Recht sorgen, hier auf unseren Straßen", sagt er und er habe Vertrauen in deren Arbeit.

"Die AfD soll hier nicht noch mehr Unruhe machen als schon ist."

Als die Steine flogen, habe es sich angehört wie Schüsse."Was ist das denn? Schießt da irgendeiner?", habe er seinen kleiner Bruder gefragt. "Nein, nein. Das sind Steine."

Er vermutet, dass die AfD sich die Angst der Bürger zu Nutzen machen will. Mit ihrem politischen Einfluss würden sie sicher etwas an den Gesetzen ändern wollen, "um den Ausländern zu schaden. Aber das wollen wir nicht. Wir wollen im Friedlichen zusammenleben."

Der Mann sagt, dass er als Türke immer noch "das kleine bisschen Rassistische in Deutschland, den Alltagsrassismus" merken würde. Er habe Angst um seine Familie: "Wir wollen keine AfDan der Macht haben, die dann eventuell Ausländer scheiße behandelt." Er wolle lieber: "Friede auf der ganzen Welt!"

EinBäcker


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In einer Bäckerei äußert sich ein Verkäufer. Er selbst sei nicht dabei gewesen, er studiere in Braunschweig, würde hier aber viele Menschen kennen. Solche Auseinandersetzungen seien hier absolut ungewöhnlich.

Dass die AfD hier demonstrieren möchte, das sei "reine Provokation". Er gibt zu bedenken, dass solch ein Verhalten nichthilfreich sei, "das ist eskalierend".

Peine sei eine sehr kleine Stadt, hier würde "jeder jeden" kennen und es sei eine eher ruhige Gegend.

Der Café-Besitzer


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Unverständnis zeigte auch der Besitzer eines Cafés in der Braunschweiger Straße. Es sei ein Streit unter Jugendlichen gewesen, der sich lediglichhochgeschaukelt habe.

"Hier war es immer ruhig... und sicher", verkündet er und kritisiert, wie die Medien das Thema behandelt haben.

Wenn die AfD hier nun aber demonstrieren wolle, dann habe er damit kein Problem: "Wenn sie das machen wollen, dann können sie das machen. Das ist schon okay." Jeder habe ein Recht auf freie Meinungsäußerung.

Weitere Stimmen


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Im Café Bosperus. In der Mitte der Mann, der das Handy-Video aufnahm. Foto: alexander Panknin



Auch die drei Glaubensgemeinden vor Ort haben imBund der Toleranz zusammengefunden, um über die Vorfälle zu sprechen, berichtet deren Vorstand. Ebenfalls am Samstag wolle man sich friedlich gegen den Aufmarsch positionieren. Dazu seien alle Peiner herzlich eingeladen - egal welcher Nationalität. (regionalHeute.de berichtete)

Das Handy-Video


regionalHeute.de sprach auch mit dem türkischen Mann, der das Handy-Video gedreht hat, das durch das Internet ging (regionalHeute.de berichtete). Er habe leider das Gegenteil von dem bewirkt, was er beabsichtigt hatte, erzählt er. Der Mann wollte helfen, hat die Polizei gerufen und ihnen das Video zugespielt.Ein erstes Zeugengespräch hatte er bereits bei der Polizei, noch wolle er sich aber etwas gedeckt halten. Viele hätten das Video falsch interpretiert und nun seien es die Falschen, gegen die im Internet teilweise radikal gehetzt werden würde.

"Wenn hier jemandallāhu akbar auf der Straße ruft, dann hat der hier nichts verloren. Dann soll er in die Moschee gehen, dort kann er es tausend Mal rufen, aber nicht hier. Gewalt kann man nicht mitallāhu akbar lösen."

"Wir wollen doch nur in Frieden leben"


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Die Menschen in der Braunschweiger Straße leben eigentlich ein friedliches Leben. Foto: Alexander Panknin



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