Schröder: SPD hat den Kompass verloren

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat ungewöhnlich scharf den aktuellen Kurs der SPD kritisiert, vor allem einen Fokus auf immer höhere Sozialausgaben.

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Gerhard Schröder (Archiv)
Gerhard Schröder (Archiv) | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Hannover. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat ungewöhnlich scharf den aktuellen Kurs der SPD kritisiert, vor allem einen Fokus auf immer höhere Sozialausgaben. "Was mich wirklich traurig macht, ist die Provinzialität der gegenwärtigen Führungsfiguren", sagte Schröder der "Süddeutschen Zeitung".


"Das ist doch nicht die SPD. Wenn ich bei 15 Prozent gewesen wäre, wäre ich sofort zurückgetreten", ergänzte er mit Blick auf die Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil und die Umfragewerte der Partei. "Die SPD war mal die Partei, die sich um die arbeitende Mitte gekümmert hat. Heute kümmert sie sich eher um die Sozialhilfeempfänger", sagte Schröder etwa mit Blick auf das Bürgergeld.

Die ganze Ampelkoalition gebe gerade wenig Anlass zur Hoffnung. Er selbst sei ja ein "rechter Sozialdemokrat", es brauche wieder mehr Pragmatiker in der Partei. "Viele Leute bekommen den Eindruck, die kümmern sich in Berlin mehr um Gendern, Cannabis und solche Sachen. Meine Partei hat da den Kompass verloren."

Was ihm zudem besonders große Sorgen mache, sei das Erstarken der AfD. "Das mit der Willkommenskultur von Frau Merkel, in einer Koalition mit der SPD, war ein großer Fehler. Das war moralisch in Ordnung, aber politisch nicht durchhaltbar." Und auch die Ampelkoalition bekomme das Migrationsthema nicht in den Griff. "Das zerreißt unsere Gesellschaft. Die SPD sieht es zu wenig." Keine Partei habe so viele Wähler an die AfD verloren wie die SPD.

Wegen seiner Tätigkeiten für russische Energiekonzerne und seinem Festhalten an der Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine war ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn angestrengt worden, was aber scheiterte.

Lobend äußerte er sich dazu, dass der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich jetzt auch mal andere Optionen ins Spiel bringe, wie ein Einfrieren dieses Konfliktes. "Ich glaube, das hilft der Partei, sich wieder stärker als Anti-Kriegs-Partei zu profilieren. Man muss doch jetzt mal schauen, dass das irgendwie endet."

Er glaube an eine diplomatische Lösung, an der sei auch Putin interessiert. Frankreich und Deutschland müssten eine Initiative für eine diplomatische Lösung starten. "Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Putin ein Interesse daran hat. Was soll er denn mit der ganzen Ukraine?"

Auf die Frage, ob er bestimmte politische Entscheidungen, seine Haltung zu Russland und die geschäftlichen Tätigkeiten bereue, sagte Schröder: "Nein, ich bereue nichts. Mea culpa ist nicht mein Satz." Zugleich lobte er Angela Merkel (CDU), wie sie ihre Rolle als Altkanzlerin bisher ausfülle. "Das ist eine sehr respektable Frau, auch wie sie mit ihrem Ruhestand umgeht: à la bonne heure", sagte Schröder.


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