Bürgermeister Pink wendet sich an die Eltern: Kitas bleiben vorerst geschlossen

Bürgermeister Thomas Pink wendet sich in einem Brief an die Eltern, deren Kindern zur Zeit keine Kindertagesstätte besuchen können. Dabei stellt Pink auch klar, welche Gruppen ein Anrecht auf Notbetreuung haben.

Bürgermeister Thomas Pink wendet sich in einem Brief an die Wolfenbütteler Eltern.
Bürgermeister Thomas Pink wendet sich in einem Brief an die Wolfenbütteler Eltern. | Foto: Robert Braumann

Wolfenbüttel. Die Probleme und Herausforderungen seien der Stadt bekannt, stellt Thomas Pink in seinem Brief an die Eltern in Wolfenbüttel klar. Und doch: In der aktuellen Situation müssten die meisten Eltern weiterhin auf eine Betreuung ihrer Kinder in einer Kindertagesstätte verzichten. Im Folgenden veröffentlichen wir den Brief von Bürgermeister Thomas Pink unkommentiert und ungekürzt:


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern,

seit mittlerweile sechs Wochen sind in Niedersachsen die Kindertagesstätten geschlossen. Diese Entscheidung stellt einen wesentlichen Baustein des mittlerweile als "Lockdown" oder "Shutdown" bekannten Maßnahmenpakets der Bundes- und der Landesregierung dar, mit dem die Zielsetzung verfolgt wurde und wird, die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und möglichst einzudämmen. Das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben wurde seither zugunsten des Gesundheitsschutzes in einem erheblichen Maße beschränkt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist festzustellen, dass diese Maßnahmen offensichtlich dazu beigetragen haben, die exponentielle Entwicklung der Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland zu stoppen. Stieg noch im Vormonat die Zahl der Neuinfektionen steil an, hat sich die Geschwindigkeit nunmehr deutlich verlangsamt. Eine Überlastung unseres Gesundheitssystems, insbesondere der Kapazitäten in den Krankenhäusern ist - im Gegensatz zu anderen Ländern - glücklicherweise bislang ausgeblieben. Dahinter steht eine erstaunliche Gemeinschaftsleistung aller, die Dank und Anerkennung verdient.

Bund und Länder haben sich vor diesem Hintergrund nunmehr auf erste vorsichtige Lockerungen verständigt. Seit dem vergangenen Montag dürfen Geschäfte unter Auflagen wieder öffnen. Zudem ist eine schrittweise Öffnung der Schulen vorgesehen, die mit einem eingeschränkten Präsenzunterricht für Abschlussklassen am heutigen Tag beginnt.

Bei den Kindertagesstätten wurde dagegen an der grundsätzlichen Entscheidung festgehalten: Die KiTas bleiben geschlossen und es findet weiterhin ausschließlich eine Notbetreuung statt.

Ich darf Ihnen versichern, dass mir die damit einhergehenden erheblichen Probleme und Herausforderungen bekannt und bewusst sind. Bereits in den vergangenen Wochen mussten Sie durch die selbst zu organisierende und wahrzunehmende Kinderbetreuung ihren Tagesablauf nahezu vollständig neu strukturieren und damit verbundene Einschränkungen hinnehmen, die im gewohnten Tagesablauf und Alltag in dieser Form und in diesem Umfang nicht existierten. Nunmehr wird durch das behutsame "Hochfahren" der Wirtschaft und des Handels die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zunehmend bedeutsamer. Es ist nachvollziehbarerweise sehr schwierig, berufliche Tätigkeit und Kinderbetreuung gleichzeitig "unter einen Hut zu bringen", ohne auf die Betreuungsangebote in den Kindertagesstätten zurückgreifen zu können. Hinzu kommen Sorgen um die eigene Gesundheit, die der Familie, Angehörigen und Freunde und angesichts der schwer zu prognostizierenden weiteren Entwicklung auch Sorgen um berufliche Perspektiven. Das alles ist schwer und prägt den momentanen Ausnahmezustand.

Dennoch muss ich Sie weiter um Verständnis dafür bitten, dass die Kindertagesstätten in der Stadt Wolfenbüttel - wie in allen anderen Städten und Gemeinden bundesweit auch - geschlossen bleiben und eine Notfallbetreuung nur in eng zu begrenzenden Ausnahmen stattfinden kann. Es fällt mir selbst und den Leitungen der Kindertagesstätten sowie den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung alles andere als leicht, Anfragen auf einen Betreuungsplatz ablehnen zu müssen. Gleichwohl ist es im Sinne des Gesundheitsschutzes nach wie vor unerlässlich und notwendig. Sollten Sie Ihrer beruflichen Tätigkeit aufgrund eines fehlenden Betreuungsplatzes für ihr Kind bzw. ihre Kinder nicht nachgehen können, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, eine Entschädigung in Höhe von 67 % des Verdienstausfalls durch ihren Arbeitgeber zu erhalten, der seinerseits eine staatliche Erstattung dieser Zahlung geltend machen kann.

Die Kindertagesstätten stellen einen besonders sensiblen Bereich dar. Überall gelten derzeit Kontaktverbote und -beschränkungen sowie Abstandsregelungen; bei der Benutzung von Verkehrsmitteln und in Geschäften gilt in Niedersachsen ab dem heutigen Tag eine Maskenpflicht. Diese Schutzmaßnahmen sind in einer Kindertagesstätte nicht, zumindest nicht vollständig, umsetzbar. Naturgemäß besteht hier ein enger Kontakt zwischen den Erzieherinnen/Erziehern und den Kindern sowie der Kinder untereinander. Das kontinuierliche Einhalten eines Abstandes von 1,5m ist hier schlicht illusorisch; zudem sind Kinder unter sechs Jahren - so sieht es auch die Verordnung des Landes Niedersachsen für den Bereich des ÖPNV und des Einkaufs vor - vom Tragen eines Mund- und Nasenschutzes befreit. Kinder in diesem Alter können das ordnungsgemäße und dauerhafte Tragen einer Schutzmaske natürlich noch nicht gewährleisten und es ist den Kleinen auch schlicht nicht zuzumuten. Diese verminderten Schutzmöglichkeiten gegen das Corona-Virus sind die wesentlichen Gründe, warum zunächst die Schulen, nicht aber die KiTas wieder sukzessive öffnen.

Vor diesem Hintergrund gilt - trotz allem Verständnis für die Situation - weiterhin, dass Eltern die Kinderbetreuung grundsätzlich eigenständig wahrnehmen. Eine Notfallbetreuung in einer Kindertagesstätte der Stadt Wolfenbüttel kommt nur dann in Betracht, wenn keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit besteht und einer der Elternteile beruflich in den folgenden Berufsfeldern der "kritischen Infrastruktur und des besonderen öffentlichen Interesses" tätig ist:

- Beschäftigte im Gesundheitsbereich, medizinischen Bereich und pflegerischen Bereich

- Hauptamtlich beziehungsweise hauptberuflich Beschäftigte im Bereich der Polizei, des Rettungsdienstes, des Katastrophenschutzes und der Feuerwehr

- Beschäftigte im Justizvollzug, Maßregelvollzug und in vergleichbaren Bereichen

- Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen

- Beschäftigte im Bereich der Daseinsvorsorge mit Sicherstellungsauftrag, wie zum Beispiel für die Wasser-, Strom-. Fernwärme-, Mineralöl- und Gasversorgung, Entsorgung (Müllabfuhr), Lebensmittelversorgung (Produktion, Verarbeitung und Handel), Informationstechnik und Telekommunikation, öffentlicher Personennahverkehr, Kinderbetreuung sowie Bargeldversorgung

Die Leitungen der Kindertagesstätten sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Verwaltung sind weiterhin strikt angewiesen, die Prüfung und Anerkennung einer Notfallbetreuung nach den genannten Kriterien in jedem Einzelfall genau zu prüfen.

Ich bitte Sie, für die Anmeldung Ihres Kindes/Ihrer Kinder weiterhin das Formular auf unserer Internetseite zu verwenden ("Notbetreuung in der KiTa durch die Stadt Wolfenbüttel"). Dieses ist von jeder/jedem Sorgeberechtigten vollständig auszufüllen und vom jeweiligen Arbeitgeber zu bestätigen. Damit helfen Sie uns, den Einsatz des Personals, die Verpflegung der Kinder mit Mittagessen und weitere organisatorische Aspekte planen zu können.

Zum Verfahren der Notbetreuung:

Das Formular ist direkt in der jeweiligen Kindertagesstätte abzugeben. Der Antrag wird sodann umgehend in der jeweiligen Kindertagesstätte und in der Verwaltung überprüft.

Soweit Sie Unterstützung benötigen, stehen Ihnen

- Norbert Fricke, Schulamt, Telefon: 05331 86-224, E-Mail: norbert.fricke@wolfenbuettel.de

und

- Andreas Binner, Schulamt, Telefon: 05331 86-202, E-Mail: andreas.binner@wolfenbuettel.de

sowie

- die Leitungen der städtischen Kindertagesstätten telefonisch zur Verfügung.

Für Hortkinder in der Notbetreuung gilt zunächst weiterhin die Regelung, dass sie vormittags in der zuständigen Grundschule und ab Mittag im angemeldeten Hort betreut werden.

Die Vertreter der Bundes- und Landesregierungen werden sich am 30. April sowie am 6. Mai 2020 über die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie und etwaiger Veränderungen der geltenden Maßnahmen und Regelungen austauschen. Die Situation der Eltern von Kindern im vorschulischen Alter steht bei diesen Beratungen - so ist es den Nachrichten der vergangenen Tage zu entnehmen gewesen - besonders im Fokus. Soweit als Ergebnis dieser Gespräche Veränderungen bei den Kindertagesstätten erfolgen sollten, wird die Stadt Wolfenbüttel Sie umgehend über diese informieren und entsprechende Anpassungen vornehmen.

Mit einem herzlichen Dank für Ihr Verständnis und den besten Wünschen für Ihre Gesundheit verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Thomas Pink

Bürgermeister


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