Wolfenbüttel: CDU und NPD an der Berufsschule gleichauf - Ein Rückblick auf die Juniorwahl-Ergebnisse

von Romy Marschall


| Foto: Romy Marschall



Ein demokratisches Experiment für Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe fand auch diesmal parallel zur eigentlichen Landtagswahl vor gut einer Woche statt. Die Ergebnisse der Juniorwahl 2013 in Niedersachsen sind verblüffend. Zwar stimmten auch die Schüler für einen Regierungswechsel, auffällig ist jedoch die Entwicklung bei den kleineren Parteien. Wie Wolfenbüttels Schulen gewählt haben, lesen Sie hier.

Die Schüler wollten den Wechsel, sind Piratenfreundlich und lassen die restlichen kleineren Parteien außen vor. So könnte man das landesweite Ergebnis knapp zusammenfassen. In Wolfenbüttel besuchten wir anläßlich der Juniorwahl das Gymnasium am Schloß (GiS) sowie die Carl-Gotthard-Langhans-Schule (CGLS). Die beiden Wahlergebnisse machen deutlich, daß sie nur bedingt repräsentativ sind. Während die Abstimmung im Gymnasium fast identisch ist mit dem landesweiten Resultat, verzerrt sich das Bild bei den berufsbildenden Schulen sehr stark.

"Noch zwei Prozent weniger"


"Unser Ergebnis ist fast deckungsgleich mit dem allgemeinen", teilt Sascha Poser mit, der für die Organisation der Juniorwahl am GiS verantwortlich zeichnet. Schule sei aber auch "ein Schonraum", daher wolle man die genauen Ergebnisse nicht extern bekanntmachen, sondern lediglich mitteilen: "Bei den vorderen Plätzen gestalte sich das Bild geringfügig anders." Eine weitere Abweichung gäbe es beim Ergebnis im rechten Flügel. Landesweit kam die NPD bei der Juniorwahl auf 4,8 Prozent. Am GiS sei der Wert hingegen im Vergleich zu 2008 nochmal um zwei Prozentpunkte gesunken und liege jetzt bei einem Prozent. "Das macht uns auch stolz."

Der Politiklehrer erklärt sich das auch mit der Teilnahme am Schülerprojekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage". In diesem größten Schulnetzwerk in Deutschland verpflichten sich rund 750.000 Schüler an über 1000 Schulen dazu, sich gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt zu wenden. Eine eigens geschaffene AG am GiS begleitet Ende März beispielsweise die Verlegung eines "Stolpersteins". Zuletzt drehten die Schüler einen Film unter dem Motto "GiS for tolerance" für einen Wettbewerb des Justizministeriums.

CDU und NPD gleichauf


An der berufsbildenden Schule CGLS, die zum ersten Mal an der Juniorwahl teilnahm, sei das Projekt insgesamt bei Schülern und Lehrern gut angekommen, was auch die hohe Wahlbeteiligung von 94,2 Prozent belegt. "Vor allem das Teilhaben an dem Gesamtprojekt hat die Schüler beeindruckt", erklärt Katja Borm und sinniert über Verbesserungsmöglichkeiten für die nächste Teilnahme an der Juniorwahl zur Bundestagswahl. Das Wahlergebnis wurde auf der Homepage veröffentlicht. Es ist hier indes kein Abbild, sondern eher ein Zerrbild. "Die Schule wird das reflektieren und im Unterricht thematisieren", kommentiert die Lehrerin. Viele Schüler hätten die Wahl nicht ernst genommen, berichtet Borm und zitiert aus den Unterrichtsgesprächen: "Wir dachten, wir trauen uns mal was."

Während die Verteilung der Erststimmen im Groben noch mit dem landesweiten Trend übereinstimmt und der Großteil der Stimmen auf die Kandidaten von SPD, CDU, Piraten und Grüne fällt, verschiebt sich das Bild bei den Zweitstimmen sehr stark. Bei der Direktwahl hätte sich SPD-Kandidat Falk Hensel mit sehr deutlichem Vorsprung durchgesetzt und wäre in den Landtag eingezogen, was dem Ergebnis der SPD (30,2 Prozent) an der CGLS entspricht. Danach folgen in dichter Reihenfolge: gleichauf CDU und NPD (jeweils 14,4 Prozent), Piraten (13,1 Prozent) und Grüne (12,4). Die Linke und die FDP wären auch hier nicht in den Landtag eingezogen.

Niedersachsens Schüler stimmten für Regierungswechsel


Die Aussagekraft der Juniorwahl, das sei vorweggeschickt, ist beschränkt. Schaut man sich die Resultate an, so sollte zweierlei im Hinterkopf präsent sein: 1. Nicht jeder Schüler nimmt die Juniorwahl gleich ernst und 2. Jugendliche agieren oft in Peer Groups. Gleichwohl läßt sich bei einer Teilnehmerzahl von über 70.000 Schülern und 354 niedersächsischen Schulen das Ergebnis auch nicht als ungenaue Stichprobe abtun. Seit 1999 organisiert ein Berliner Verein die Juniorwahl für Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe parallel zu Landes-, Bundes- und Europawahlen. Dementsprechend verfügen die Organisatoren über Statistiken und können Vergleiche ziehen zu vorangegangenen Wahlen.

Über eine landesweite Wahlbeteiligung von 81,4 Prozent hätten sich wohl alle Parteien gefreut. In der Schule mag sie einer gewissen Verpflichtung geschuldet sein. Dem Spitzenreiter SPD (26,8 Prozent) folgen noch vor der CDU (21,4 Prozent) die Grünen (22,1 Prozent), die diesmal den Sprung über die 20-Prozent-Hürde schafften. Ebenfalls bemerkenswert ist der Newcomer Piraten (13,1 Prozent). Die übrigen 16,6 Prozent entfallen im Wesentlichen auf die FDP (4,1 Prozent), die Linke (3,6 Prozent) und die NPD (4,8 Prozent). Wichtigste Unterschiede zum tatsächlichen Ergebnis der Landtagswahl sind damit die Schwäche der CDU, die unter den Schülern nicht stärkste Partei ist, eine deutlich schwächere FDP, die nicht im Landtag vertreten wäre sowie eine starke Piratenpartei im Landtag.

Der Gewinn der Piraten läßt sich teilweise dadurch erklären, daß die Schülergeneration stärker medial unterwegs ist und die Partei zum ersten Mal zur Wahl stand in Niedersachsen. Der überraschend und erschreckend hohe Anteil der NPD ist immerhin um 0,6 Prozentpunkte zurückgegangen im Vergleich zur Juniorwahl, die 2008 parallel zur Landtagswahl stattfand. Damals wäre die Partei sogar im Landtag der Junioren vertreten gewesen, ebenso wie die Linke und die FDP. 2008 hatten nur rund 20.000 Schüler an der Juniorwahl teilgenommen, dafür lag die Wahlbeteiligung um etwa 5 Prozentpunkte höher.


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