Braunschweig. Am Mittwoch, 1. Februar 2017, hält Prof. Dr. Regina Toepfer um 17.00 Uhr, im Hörsaal B1 am Campus Nord der Technischen Universität Braunschweig, ihre Antrittsvorlesung „Anthropologische Übersetzung. Antike Schöpfungserzählungen in Mittelalter und Früher Neuzeit“.
Übersetzen bedeutet weit mehr, als einen sprachlichen Schalter umzulegen und wissenswerte Informationen in einer anderen Sprache wiederzugeben. Soll ein neues Publikum erreicht werden, muss die Botschaft auch den literarischen und gesellschaftlichen Konventionen der Zielkultur entsprechen. Übersetzen erfordert einen kulturellen Transfer, um sprachliche, zeitliche und räumliche Grenzen überwinden zu können. Aus diesem Grund ist eine Übersetzung nie mit ihrer Vorlage identisch. Die Akzentverschiebungen zwischen beiden Texten sind für kulturwissenschaftliche Fragestellungen besonders aufschlussreich.
Die Vorlesung zeigt am Beispiel antiker Schöpfungsgeschichten, dass sich Übersetzungen als anthropologische Schlüsseltexte interpretieren lassen. Ihnen sind die gesellschaftlichen Wertvorstellungen, Welt- und Menschenbilder einer Epoche eingeschrieben. Ovids ‚Metamorphosen‘ stellten die Übersetzer in Mittelalter und Früher Neuzeit vor große Herausforderungen. Seine Version des Weltanfangs war nur schwer mit der mittelalterlichen Weltanschauung und den sittlichen Normen des Christentums vereinbar. Die deutschen Übersetzer reagierten mit verschiedenen Strategien auf solche Provokationen: Heikle Stellen wurden ausgespart, umgedeutet oder kritisch kommentiert und so den eigenen Idealen angepasst.
Zur Person
Regina Toepfer ist seit 2016 Professorin für germanistische Mediävistik am Institut für Germanistik der TU Braunschweig. Sie studierte Germanistik, Theologie, Gräzistik und Mittelalter- und Frühneuzeitstudien an den Universitäten Marburg, Basel und Göttingen. Von 2001 bis 2004 war sie Stipendiatin der International Max Planck Research School ‚Werte und Wertewandel in Mittelalter und Neuzeit‘. 2005 wurde sie mit einer Dissertation über die Rezeption des griechischen Kirchenvaters Basilius von Cäsarea im 15. und 16. Jahrhundert in Göttingen promoviert und 2011 habilitierte sie sich an der Goethe-Universität Frankfurt am Main mit einer Studie zu Tragikkonzepten in der mittelhochdeutschen Literatur. Als Gastdozentin, Vertretungs- und Gastprofessorin war sie an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie den Universitäten Bern, Frankfurt, Heidelberg und Tromsø tätig. Regina Toepfer wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Heisenberg-Stipendiatin gefördert und leitete von 2012 bis 2016 das wissenschaftliche Netzwerk ‚Humanistische Antikenübersetzung und frühneuzeitliche Poetik in Deutschland‘. Sie hat zahlreiche Aufsätze zur mittelalterlichen Heldenepik, Narratologie, volkssprachigen Antikenrezeption, frühneuzeitlichen Übersetzungsliteratur, zu geistlichen Spielen und reformatorischen Bibeldramen verfasst. Aktuell arbeitet sie an einem Buchprojekt zu Kinderlosigkeit im Mittelalter.
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