Bauprojekte richtig starten: Leitfaden für komplexe Bauvorhaben


Betonierarbeiten auf einer Großbaustelle. Foto: Stefan Hamann
Betonierarbeiten auf einer Großbaustelle. Foto: Stefan Hamann | Foto: TU Braunschweig

Braunschweig. Verzögerungen und Kostenexplosionen bei großen Bauvorhaben können durch die richtigen Schritte zum Projektbeginn vermieden werden. Wie das gelingen kann, erforschten in den letzten zwei Jahren Experten für Bauwirtschaft, Immobilienmanagement und Industriebau der TU Braunschweig. Ergebnis des Projekts ist ein Handlungsleitfaden mit konkreten, praxisnahen Empfehlungen. Davon berichtet die TU Braunschweig.


Insbesondere öffentliche Großprojekte geben häufig durch massive Verzögerungen und enorme Kostensteigerungen kein gutes Bild ab. Doch auch kleine bis mittelgroße Projekte können unübersichtlich sein. Wissenschaftler der TU Braunschweig haben zwei Jahre lang im Rahmen des Forschungsprojektes „OI+BAU“ untersucht, wie schon beim Start eines komplexen Bauvorhabens die Bedingungen für einen möglichst störungsunempfindlichen Ablauf geschaffen werden. Ergebnis der Forschungsarbeit ist ein Handlungsleitfaden mit dem Fokus auf Hochbauprojekte: Erstmalig werden in einem Leitfaden sämtliche Aufgabenfelder der frühesten Projektphase, der Initiierungsphase, komplexer Bauvorhaben abgebildet. Auch psychologische sowie politisch-ökonomische Aspekte bei Fehlentwicklungen werden darin berücksichtigt.

Analyse der Ausgangslage als ständiger Orientierungspunkt


Im Zentrum der Überlegungen stehe in der Initiierungsphase die intensive Analyse der Ausgangslage. Bereits zu Projektbeginn seien aufgrund der Projektidee, der Bauherreneigenschaften oder eines gegebenenfalls vorgegebenen Standorts wesentliche Randbedingungen für die weitere Projektabwicklung definiert. Da die Ausgangslage als ständiger Orientierungspunkt diene, bauen alle weiteren 16 Aufgabenfelder des Handlungsleitfadens hierauf auf. Die Reihenfolge der Bearbeitung werde bewusst nicht vorgegeben und müsse sich stattdessen an projektspezifischen Randbedingungen orientieren. Am Ende der Phase sollte ein „Concept Freeze“ erstellt werden, der zentrale Entscheidungen als verlässliche Planungsgrundlage für die weitere Projektabwicklung festhält.

Beispiel Initiierungscoaching


Als innovative Methode zur Unterstützung der Initiierung werde unter anderem das Initiierungscoaching im Leitfaden präsentiert. Dabei sollen Erfahrungen aus ähnlichen Bauvorhaben gesammelt und auf das aktuelle Projekt projiziert werden. Von den Methoden profitieren daher – gegebenenfalls mit Unterstützung weiterer Experten – auch Bauherren, die nur einmal bauen. So werden Fehler vermieden, die insbesondere auf die Unerfahrenheit der Projektbeteiligten zurückzuführen sind.

„Weiche“ Faktoren


In diesem Zusammenhang seien auch sogenannte „weiche“ Faktoren zu beachten. Bereits während der Initiierungsphase könne der „Faktor Mensch“ besonders negative Dynamiken in komplexen Bauvorhaben verursachen. Um dies zu vermeiden, hebe der Leitfaden psychologische und politisch-ökonomische Phänomene wie den „Fluch der ersten Zahl“ oder psychologische Verdrängungsmechanismen hervor. Es werde zudem auf die Bedeutung der Etablierung einer modernen Projektkultur hingewiesen, um einen offenen Umgang mit Fehlern, Risiken und Änderungen zu gewährleisten.

Zum Forschungsprojekt OI+BAU


Das Forschungsprojekt „OI+BAU – Optimierung der Initiierung komplexer Bauvorhaben“ sei von Januar 2017 bis Dezember 2018 am Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb von den Lehrstühlen für Bauwirtschaft und Baubetrieb sowie für Infrastruktur- und Immobilienmanagement und am Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen bearbeitet worden. Das Projekt sei anteilig durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung gefördert sowie durch die weiteren Projektpartner Arikon Bau AG, Implenia Hochbau GmbH, Obermeyer Planen + Beraten GmbH, Stadt Wolfsburg, Volkswagen Immobilien GmbH und Wolff & Müller Holding GmbH & Co. KG unterstützt worden.


mehr News aus Braunschweig


Themen zu diesem Artikel


VW Technische Universität Braunschweig