NABU-Tipp: So geht sicheres Pilzsammeln

Der NABU hat Tipps, auf was man beachten sollte, welche Pilze verzehrt werden können und was bei Vergiftungen zu tun ist.

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Symbolfoto | Foto: Pixabay

Region. Wenn die Temperaturen bei 20 bis 25 Grad liegen, die Luftfeuchtigkeit zunimmt und es zu Regenschauern und Gewittern kommt, sprießen nach etwa zwei bis drei Tagen, vor allem im Spätsommer und Herbst, die Pilze aus den Böden. Was es zu beachten gilt, wenn im Wald nach den Vitamin D liefernden Leckerbissen Ausschau gehalten wird, weiß die Pilzsachverständige Dr. Rita Lüder. Sie sitzt nicht nur im Bundesfachausschuss für Mykologie beim NABU, sondern ist zudem Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM).



„Grundsätzlich sind Anfänger auf der sicheren Seite, wenn sie sich auf das Sammeln von Röhrlingen beschränken. Denn in unseren Gefilden gibt es keine Pilze dieser Art, die tödlich sind“, rät die Mykologin. Röhrlinge haben ihren Namen aufgrund der Röhren, die sich unter ihrem Schirm befinden. Die Hutunterseite sieht so ähnlich aus wie ein Schwamm. Die Marone ist beispielsweise ein Röhrling, der wegen seiner eindeutigen Merkmale - brauner Hut von oben und gelber Schwamm von unten – nur schwer mit anderen Pilzen, die giftig oder nicht bekömmlich sind, zu verwechseln ist.

Bitterer Geschmack


Lediglich ein Gallenröhrling könnte fälschlicherweise für eine Marone gehalten werden. Dieser hat jedoch im jungen Alter einen weißen und im älteren Stadium einen rot-bräunlichen Schwamm. Dr. Lüder kann beruhigen: „Wenn man auch nur einen kleinen Gallenröhrling im Essen hat, schmeckt man das sofort. Er verdirbt mit seinem bitteren Geschmack die ganze Mahlzeit und man kann die komplette Pilzpfanne wegschmeißen.“ Daneben gibt es unter den Röhrlingen natürlich noch weitere bitter schmeckende Pilze oder welche, die gar Verdauungsprobleme und Übelkeit auslösen. Darunter fällt der Satansröhrling. Anhand seines hellen Hutes sowie roten Schwammes und Stiels hebt sich dieser jedoch optisch stark von bekömmlichen Röhrlingen, wie der Marone, ab.

Die Marone zählt zu den essbaren Pilzen.
Die Marone zählt zu den essbaren Pilzen. Foto: Pixabay


Pilzsammeln – Sechs Regeln


Nicht nur zur eigenen Sicherheit, sondern auch zum Schutz der Natur sind bei der Pilzsuche dringend die folgenden sechs Regeln einzuhalten:

Rücksichtsvolles Pilzsuchen: Brut- und Setzzeit beachten; Tiere nicht stören; nicht in ausgewiesenen Naturschutzgebieten sammeln; keine Pflanzen oder jungen Bäume platttreten; das Moos nicht umdrehen und das Myzel, fadenförmige Zellen, die das verzweigte, weißliche Pilzgeflecht im Boden bilden, nicht beschädigen.

Achtsames Sammeln: Nichts essen, was Sie nicht zu 100 Prozent kennen! Schimmlige Pilze sind nicht zum Verzehr geeignet. Ein frischer Speisepilz fühlt sich knackig an. Pilze mit weißen Lamellen sollten Anfänger meiden. Darunter befinden sich tödliche und giftige Arten.

Korrekte Ernte: Bereits bekannte Pilze werden kurz über dem Boden abgeschnitten. Ein unbekannter Pilz sollte vorsichtig aus dem Boden herausgedreht werden. Nur, wenn der komplette Fruchtkörper und alle Merkmale zu sehen sind, lässt der Pilz sich bestimmen. Es gilt, die unbekannten Pilze nicht mit den bekannten und essbaren zusammen zu lagern. Im Notfall können Pilzsachverständige wie Dr. Rita Lüder zu Rate gezogen werden. Auf der Webseite der DGfM finden sich Kontaktdaten für jede Region.

Richtige Zubereitung: Alle Waldpilze sollten nicht roh verspeist, sondern unbedingt 15 bis 20 Minuten erhitzt werden. Anders als der Zuchtchampignon aus dem Discounter sind rohe, wilde Pilze giftig – selbst die nussig schmeckende Marone verursacht ungekocht Magen-Darm-Beschwerden.

Ideale Lagerung: Am besten ist es, Pilze frisch zu verarbeiten. Geht das nicht, gilt für sie das gleiche wie für rohen Fisch oder frisches Fleisch: Ab in die Kühlung, sofern sie nicht unmittelbar nach dem Sammelausflug verarbeitet werden! Wenn die Pilze länger als einen Tag lang aufbewahrt werden sollen, müssen die Fruchtkörper vorgegart und anschließend kühl aufbewahrt werden. Bereits gebratene Pilze lassen sich ebenfalls gut im Kühlschrank lagern und ohne Sorge für einen späteren Verzehr wieder aufwärmen. Für längere Lagerungen ist es möglich, die Pilze einzufrieren oder zu trocknen und anschließend zu Würzpulver zu vermahlen.

Angemessene Menge: Es gilt nur für den Eigenbedarf und nie mehr Pilze zu sammeln, als am gleichen Tag verarbeitet werden können. Bei besonders geschützten Arten wie den beliebten Steinpilzen ist es sogar gesetzlich verboten, mehr Pilze mitzunehmen.

Mythen um das Pilzsammeln


„Angesichts der Sammelkolonnen, die kommerziell unterwegs sind und für Profit massenweise Steinpilze aus den Wäldern tragen, ohne jegliche Rücksicht auf den Wald, die Pilze und andere Lebewesen zu nehmen, ist diese gesetzliche Regelung sicherlich sinnvoll“, findet die Biologin. Dennoch weist sie auf eine gewisse Absurdität des Gesetzes hin: „Das ist so, als gäbe es ein Verbot, Äpfel zu pflücken und zu essen, während der Baum gefällt werden darf.“ In dieser Analogie steht der Apfel für den Fruchtkörper und der Baum für den tatsächlichen, unterirdischen Pilz, das verzweigte Myzel. „Es gibt Studien, die zeigen, dass das Absammeln des Fruchtkörpers kein Problem darstellt. Das eigentliche Krux liegt woanders: Vielmehr sollten die Menschen darauf achten, den Boden für den Pilz nicht zu zerstören, wie wir es aktuell durch Bodenverdichtung sowie den Einsatz von Dünger und Pestiziden wie auch Giften zur Schädlingsbekämpfung tun. Auf Verdichtungen, hohe Stickstoffeinträge und Versauerung reagiert das feine Myzel im Boden nämlich sehr empfindlich“, fährt die NABU-Expertin fort.

Die Kraft der Pilze


„Pilze haben eine wichtige Funktion: Sie bringen das organische Material, absterbende Pflanzenwurzeln, wieder in den Kreislauf zurück. 95 Prozent aller Pflanzen leben mit Pilzen vernetzt zusammen. Sie informieren sich gegenseitig über gefährliche Situationen wie beispielsweise Schädlingsangriffe“, erklärt Dr. Lüders. Sie würden also den Einsatz von Pestiziden und Giften auf unseren Äckern unnötig machen. „Pilze waren schon immer da. Wenn man eine Hand voll intakten Boden nimmt, dann sind dort mehr Lebewesen enthalten als es Menschen auf der Erde gibt. Mengenmäßig sind die meisten Lebewesen davon Pilze. Vieles ist noch gar nicht erforscht und wir machen ein komplettes Ökosystem kaputt“, warnt die Expertin. Beim Thema Pilze geht es um viel mehr als die Frage „giftig oder nicht“: „Pilze sind ebenso wichtig wie Pflanzen und sie haben so viele Zukunftslösungen parat: Sie sanieren die Böden. Sie können Kunststoff, Styropor sowie Verpackungen ersetzen. Sie lassen sich zu Dämmmaterial oder sogar Tinte verarbeiten. Sie spielen als Antibiotika und Immunstabilisatoren eine zentrale Rolle in der Medizin und enthalten unzählige Vitalstoffe für unsere Gesundheit. Sie spenden beispielsweise Vitamin D, wenn wir im Herbst kaum noch welches durch die Sonneneinstrahlung auf unserer Haut aufnehmen“, weiß die Mykologin.

Von kontaktgiftigen Pilzen bis hin zu Schneckenfraß – Was stimmt?


Apropos Haut: Es gibt keine kontaktgiftigen Pilze in Europa. Die Pilzgifte können wir nicht über unsere Schleimhäute aufnehmen. Sorgenfrei können beim Pilzsammeln also alle Fruchtkörper angefasst und begutachtet werden – selbst der hochgiftige und tödliche Knollenblätterpilz. Eine „Pilzsaison“ gibt es übrigens nicht: „Man kann das ganze Jahr über Pilze sammeln. Ständig bilden Pilze neue Fruchtkörper aus. Man sieht lediglich einen Schwerpunkt im Herbst“, erklärt Dr. Lüder. Ein weit verbreiteter Irrglaube, der sich hartnäckig hält, ist die Annahme, dass Spuren von Schneckenfraß auf bekömmliche Pilze hinweisen. Die Pilz-Expertin betont: „Tiere haben ein anderes Verdauungssystem als wir Menschen. Nur, weil eine Schnecke rohe Maronen oder gar einen Knollenblätterpilz verträgt, trifft das nicht auf uns zu!“

Der Knollenblätterpilz ist hochgiftig. Nur das Anfassen ist jedoch nicht giftig.
Der Knollenblätterpilz ist hochgiftig. Nur das Anfassen ist jedoch nicht giftig. Foto: Pixabay


Vergiftung: Was ist zu tun?


Wenn doch mal Vergiftungssymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen oder erschwertes Atmen verspürt werden, gilt es zunächst Ruhe zu bewahren. „Die Angst ist meist größer als die tatsächliche Gefahr. Trotzdem sollte auf eine Selbstdiagnose und Behandlungsversuche mit Hausmitteln verzichtet werden. Es gilt in jedem Fall Kontakt zu einem Arzt oder der jeweiligen Giftnotrufzentrale aufzunehmen. Die Kontaktdaten sind auf der Website der DGfM zu finden, genauso wie Verhaltensregeln und weitere Sofortmaßnahmen.“ Für Niedersachsen ist der Giftnotruf unter der Notfallnummer 05 51 - 19 240 zuständig.


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