Wolfenbüttel. Es war kein Nachmittag der großen politischen Ansprachen, als sich das "Bündnis unabhängiger Wähler" am heutigen Dienstag in der Schloß-Schänke in gemütlicher Atmosphäre erstmals der Öffentlichkeit gestellt hat. Man positioniert sich als "klaren Kontrast" zu den etablierten Parteien, sieht sich als Gemeinschaft der Mitte mit einer klaren Abgrenzung zu den extremistischen Rändern. Aber was heißt das eigentlich? Die Bündnismitglieder standen am heutigen Dienstag Rede und Antwort.
Eigentlich ist das Bündnis unabhängiger Wähler zurzeit noch ein Verein - "mit politischen Ambitionen", wie Dr. Christian Hantelmann, Vorsitzender des Vereins in seiner Eingangsansprache betont. Der Vorstand besteht aus den beiden gleichberechtigten Sprechern Martina Sharman undDr.Christian Hantelmann.Die heutige Veranstaltung diente dem jungen Projekt hauptsächlich als Ideensammlung. Was bewegt die Wolfenbütteler wirklich? Diese unbefangene Offenheit sei auch die große Stärke des neuen Bündnisses, wie die Co-Vorsitzende Martina Sharman erklärt. "Von den etablierten Parteien unterscheidet uns unsere Freiheit, unser Konsens, ganz offen zu arbeiten, ganz transparent mit unseren Mitgliedern umzugehen und fernab von allen rigiden Strukturen und Rahmenbedingungen welche anderen Parteien natürlich als Vorgabe haben."
"Wir arbeiten auf Augenhöhe"
Dr. Christian Hantelmann und Martina Sharman bildeneinen gleichberechtigten Vorstandim Bündnis unabhängiger Wähler. Foto:
Sharmangehört zu den Politikerfahrenender Gruppierung und stand als CDU-Kandidatin noch im Mai 2019 für die Europawahl auf dem Stimmzettel. Die CDU hat sie hinter sich gelassen. Sie habe sich dort als Frau und als Wolfenbüttelerin einfach nicht richtig entfalten können: "Schon allein die Tatsache, dass es eine Frauenunion gibt, setzt ja schon ein Zeichen. Parität ist ja immer noch ein Thema, was nicht wirklich realistisch diskutiert oder umgesetzt wird. Diese Vorgaben haben wir nicht, wir arbeiten auf Augenhöhe und sind alle gleichwertige Mitglieder." Im Bündnis könne man sich vor Ort auf die Bürger konzentrieren, Ideen und Impulse, die man hört, auffangen, diskutieren und in ein Wahlprogramm mit einbeziehen. "Meine Zeit ist mir wertvoll und ich möchte auch Ergebnisse sehen", konstatiert Sharman.
Dabeiverstehe man sich nicht als Gegenpol zu dentraditionellen Parteien, sondern eher als Erweiterung. Also kein "gegen", sondern eher ein "und", fasst Hantelmann zusammen. "Wir sind durchaus in der Lage, gute kommunalpolitische Vorschläge anderer Parteien mitzutragen aus dem Spektrum grün bis konservativ mit einer klaren Abgrenzung nach ganz rechts zur AfD und durchaus auch nach ganz links."
Schwerpunkte für ein Bürgerwahlprogramm
Nach nicht einmal einer Stunde konnte Dr. Christian Hantelmann schon eine beachtliche Liste an Meinungen einfangen: "Infrastrukturprojekte, Stichwort Gewerbegebiet Rehmanger, Stichwort bestimmte Verkehrsgefahrenpunkte, wo man etwas tun sollte", beginnt der 47-jährige Politikneuling aufzulisten. "Es sind sehr detaillierte Themen, wo man von uns auch gerne eine konkrete Auskunft hätte.Bei den meisten Punkten habe ich natürlich gesagt, dass wir Überschriften identifizieren, um dann letztendlich auch Bürger bewegen bei uns mitzumachen und dort auch aktive Schwerpunkte für ein Bürgerwahlprogramm zu erarbeiten." Die Anwesenden setzen zum Teil große Hoffnungen in die politischen Newcomer. EinerWolfenbüttelerin liegt - wegen eines Schicksalsschlages - die Gründung einer Nachbarschaftshilfe auf der Seele. Damit sei sie aber an vielen Stellen vor eine Wand gelaufen. Sie ist überzeugt von der Kraft, welche dem Neuen innewohnt: "Ich denke, da ist erstmal Power drin. Ich sehe schon eine größere Chance, dass das auch politisch in die Hand genommen wird", so die Teilnehmerin. "Ich hoffe dass sich eine Partei, die sich neu gründet, für so etwas einsetzen will." Ein Gedanke, den einige beim "Abend der Ideen" mittragen. Trotz des noch nicht erstellten Wahlprogramms begrüßt der Verein bereits neue Mitglieder, welche nicht zur Gründungsriege gehören.
Das Bündnisist keine Pink-Partei
Die Vorwürfe, man werde durch die prominente Mitgliedschaft von Bürgermeister Thomas Pink zu einer "Pink-Partei", wie unter anderem Jürgen Selke-Witzel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat, prophezeite, weise man entschieden zurück. Dr. Hantelmann entweicht bei dieser Frage ein leises Seufzen: "Wir habenerwartet, dass dieser Vorwurf kommt". Der Bürgermeister leistet den Bündnismitgliedern bei seiner Auftaktveranstaltung ebenfalls Gesellschaft,hältsich aber betont im Hintergrund. Er selbst hat nachdrücklich klargestellt, dass er zur nächsten Wahl nicht mehr antreten werde.Pink habe im Bündnis daher eine beratende Tätigkeit: "Wir sind in der Mehrzahl politisch unerfahrene Bürger. Um konkret Politik ab der nächsten Kommunalwahl 2021 machen zu können, braucht es auf dem Weg dahin sehr viel Erfahrung. Einmal eben, wie sich ein Verein, eine Partei organisiert, wie eine Partei arbeitet, aber auch wie sich ein Wahlkampf letztendlich gestaltet."
Der Vorsitzende zieht einen Vergleich: "Wäre der Verein ein Unternehmen, würde es auf demFachkräftemarkt schauen, welche Kandidaten dort am besten helfen können: Und genau so haben wir das auch gemacht. Wir haben Thomas Pink gefragt, ob er sich vorstellen kann, uns die nächsten zwei Jahre auf diesem Weg zu begleiten. Er hat klargestellt, dass er keine politischen Ambitionen über die nächste Kommunalwahl hinaus hat und gesagt, es würde ihm sehr viel Spaß machen, dieses junge Projekt zu begleiten und auch politisch zu beraten, und das tut uns gut."
Großer Zuspruch
Noch sind die Gläser nicht leer und die Gespräche nicht verstummt.Dr. Hantelmann zieht ein positives Zwischenfazit: "Die heutige Veranstaltung zeigt mir, dass wir sehr großen Zuspruch erhalten." Angst vor internen Streitereien habe man dabei nicht "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier in Streit verfallen. In jeder Partei gibt es sicherlich ab einer bestimmten Größe unterschiedliche Auffassungen - auch bei uns. Aber durch die Art und Weise wie wir arbeiten, sehr transparent, hoffen wir nicht, dass es das Kaliber annimmt, wie man das von anderen Parteien kennt."
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