Haushalts-Streichungen: Das sagen die Fraktionen

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Die Ratsfraktionen äußern sich zum Haushalt und den Posten, die im kommenden Haushaltsplan nicht auftauchen. Symbolfoto: Anke Donner
Die Ratsfraktionen äußern sich zum Haushalt und den Posten, die im kommenden Haushaltsplan nicht auftauchen. Symbolfoto: Anke Donner | Foto: Anke Donner

Wolfenbüttel. Einige Maßnahmen sollen aus der mittelfristigen Investitionsplanung der Stadt Wolfenbüttel gestrichen werden. Darunter die Erneuerung der Aula an der GS Geitelplatz, die Herstellung der Fußgängerzone und der Umbau des Stadtmarktes. regionalHeute.de hat die Fraktionen mal gefragt, was sie von den Streichungen halten.


In den Fachausschüssen wurde in den vergangenen zwei Wochen bereits darüber diskutiert, welche Maßnahmen doch wieder in den Haushaltsentwurf 2018/2019 aufgenommen und welche stattdessen gestrichen werden sollten. Jede Fraktion hatte hier eigene Ideen und Anregungen eingebracht. Am Ende war von der Verwaltung gefordert, dass wenn gestrichene Maßnahmen wieder aufgenommen werden, andere dafür gestrichen werden müssten.

regionalHeute.de hat bei den Ratsfraktionen von CDU, SPD, AfD, Grüne, FDP und Linke/Piraten nachgefragt, wie sie den Haushalt einschätzen, welche gestrichene Projekte sie gerne wieder im Haushalt sehen würden und welche Maßnahmen sie stattdessen rausnehmen würden.Die Statements veröffentlichen wir in der Reihenfolge der Eingänge.

Klaus-Dieter Heid, Fraktionsvorsitzender der AfD im Rat der Stadt:


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Klaus-Dieter Heid. Foto: privat



"Jetzt, wie an der Streichliste ersichtlich, rächt sich eine politisch vorgegebene Investitionsplanung, die nur teils von der Stadt Wolfenbüttel zu verantworten ist. Schon 2014 hieß die Parole angesichts der nahenden Flüchtlingsproblematik, dass alle Planungen dem Wohnbau unterzuordnen seien. Ab 2015 bestimmte das Thema Flüchtlinge nahezu jedes Projekt, zu dem Geld in die Hand genommen werden musste.

Die angespannte Haushaltssituation der Stadt mit jährlich zirka 4 Millionen Euro Neuverschuldung und einem Gesamtdefizit von zirka 50 Millionen Euro liegt deutlich über dem Investitionsvolumen vergleichbarer Städte. Die Unterhaltung infrastruktureller Projekte ist drastisch gekürzt worden. De facto ist einfach kein Geld mehr da – und es zeichnet sich sogar ab, dass dieser Umstand weitere riesige Löcher reißen wird. Die AfD-Fraktion erinnert daran, dass sie im Bauausschuss auf die aus ihrer Sicht viel zu hohen Kosten für die Schlossplatz-Umgestaltung hingewiesen hatte. Gleichzeitig wurden seinerzeit die Vorschläge von Horst Meyer, AfD-Fraktionsmitglied, abgelehnt, die mehr als 2 Millionen Einsparvolumen vorsahen.

Die AfD muss den Haushalt in Gänze ablehnen, da oftmals Investitionen für Integration versteckt in „Projekten“ das Budget der Stadt Wolfenbüttel strapazieren, wo einfach keine Luft ist. In Betrachtung der aktuellen Haushaltslage, einer jährlichen Netto-Neuverschuldung von zirka 4 Millionen Euro, einem stetig reduzierten Unterhaltungsbudget der Infrastruktur, einer Gesamtverschuldung von zirka 50 Millionen Euro und einer Hertie-Ruine, deren Zukunft auch finanziell für die Stadt noch nicht absehbar ist, kann es nur eine Ablehnung des vorliegenden Haushaltskonzeptes geben.

So sehr die Fraktion der AfD es auch bedauert – aber in Anbetracht der Verschuldung muss der Sparkurs und also auch das „Streichkonzert“ unverändert, vielleicht sogar erweitert, umgesetzt werden. Eine von der AfD nicht zu verantwortende Geld-Politik vergangener Jahre rächt sich nun.

Die Erhöhung der Grundsteuer B.: Der Häuslebesitzer darf nicht der Leidtragende für eine verfehlte Politik, insbesondere einer ideologisch getragenen und teuer bezahlten Flüchtlingspolitik sein. Hier soll mit der Grundsteuer durch die Hintertür ein Defizit ausgeglichen werden, ohne das Kind beim Namen zu nennen!

Um an unsere Vorschläge zum Schlossplatz zu erinnern, wäre eben hier ein erhebliches Einsparvolumen realisierbar. Es muss gefragt werden, wieso in Zeiten leerer Kassen „vergoldete Wasserhähne“ installiert werden, wo es auch robuster Edelstahl getan hätte.

Die Fraktion der AfD wird überdies nicht über das Stöckchen springen, hier und da neue Investitionen einzuplanen, wenn es die Kassen nicht zulassen. Es ist eine Frage der politischen Verantwortung aller Fraktionen, im Sinne der Bürger Haushaltsdisziplin umzusetzen. Wer dies nicht tut, entzieht sich seiner Verantwortung und vergisst, dass auch der Wolfenbütteler Haushalt noch von der europäischen Niedrigzinspolitik getragen wird. Platzt diese Blase, platzt jeder kommunale Haushalt, auch der angeblich so stabile Bundeshaushalt mit lautem Knall", berichtet Heid auf Nachfrage.

Rudolf Ordon, Fraktionsvorsitzender der FDP im Rat der Stadt:


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Rudolf Ordon FDP, Portraitbild. Foto: Privat



"Wir vermissen beim Haushalt die Bereitschaft zur sparsamen Haushaltsführung. Die Grundsteuer wurde bereits zum 1.Januar 2017 erhöht, jetzt sind schon wieder höhere Hebesätze eingeplant. Leider sind SPD und CDU nicht zu einer sparsamen Haushaltsführung bereit. Große Koalitionen kommen Bürgern immer teuer zu stehen, sei es auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene.

Eine endgültige Bewertung des Haushalts ist erst nach dem ganztägigen Finanzausschuss möglich, es besteht aber die Tendenz, ihn u.a. wegen der erneuten Anhebung der Grundsteuer B, von der die meisten Wolfenbütteler betroffen sein werden, abzulehnen.

Die meisten Streichungen tragen wir mit. Die Erneuerung der Aula an der GS Geitelplatz kann verschoben werden, die neue Mensa kann sehr gut als Aulaersatz genutzt werden. Wünsche von Schulen können wir nicht alle in einem Haushalt erfüllen, auch wenn wir die grundsätzliche Notwendigkeit erkennen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Wichtig ist die Herstellung der Fußgängerzone; der Stadtmarkt und der Seeliger Park können warten.

Völlig überflüssig sind die 200.000 Europlus Folgekosten für die Beleuchtung des Stadtgrabens, das ist reiner Luxus. Wir waren auch gegen die geplante Umgestaltung des Schlossplatzes, die etwa 8.000.000 Euro kosten wird, konnten uns damit aber auch nicht durchsetzen. Hier wäre eine preiswertere Lösung angebracht gewesen.

Wie Sie wissen, ist die Bauverwaltung schon jetzt nicht mehr in der Lage, auch aufgrund der Auftragslage generell, alle Wünsche umzusetzen. Deshalb also erst einmal Luft holen.

Gerade im sozialen Bereich haben sich über die Jahre Parallelstrukturen entwickelt, weshalb dieser Bereich auf Synergieeffekte hin durchforstet werden muss. Wozu muss die Stadt zum Beispiel ein Seniorenservicebüro unterhalten, wenn auch die Wohlfahrtsverbände hier ausreichende Angebote vorhalten?", erklärt Rudolf Ordon.

Ralf Achilles, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt:


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Ralf Achilles. Foto: Privat



"Der uns vorliegende Haushaltsentwurf wurde in den meisten Fachausschüssen beraten und mit kleineren Änderungen versehen. Das Investitionsprogramm musste aufgrund der anstehenden Großprojekte durchforstet, auf Machbarkeit untersucht werden. Damit ist es in Teilen auch realistischer geworden, allerdings ist das immer noch nicht ausreichend. Die Leistungsfähigkeit der Verwaltung ist ausgereizt und wenn wir erstklassige Arbeit wollen, müssen wir auch die Möglichkeiten und die Zeit bieten, eine solche zu leisten.

Betrachtet man allein die Bereiche Kinderbetreuung, Bildung, Sport, Kultur und Schule, dann haben wir bisher für eine Stadt unserer Größenordnung überproportional viel geleistet und werden das trotz der Anforderungen, die an uns gestellt werden, auch weiterhin tun. In den Beratungen wurde die Wiederherstellung der Aula der GS Geitelplatz wieder mit aufgenommen, um damit der Schule einen geregelten Ganztagsbetrieb zu ermöglichen Des Weiteren wurde die Sanierung des Jugendfreizeitzentrums wieder in das Investitionsprogramm für die nächsten Jahre aufgenommen, weil hier unbestritten Bedarf besteht.

Der Begriff „Streichliste“ ist auch ein wenig irreführend, die dort aufgeführten Maßnahmen sind nicht in der unmittelbaren Umsetzung vorgesehen, aber mittelfristig als wichtig anerkannt. Allein die Umsetzungsmöglichkeit fehlt, wobei es nicht unbedingt am Geld fehlt, sondern die Kapazitäten in der Verwaltung nicht ausreichen. Sollte es bei den bisher beschlossenen Ansätzen bleiben, wird die SPD diesem Haushalt zustimmen", so Achilles.

Winfried Pink, Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt:




"Der Haushalt wird von der CDU insgesamt als ausgewogen und angemessen gesehen. Es gibt natürlich durch unterschiedliche Programme der Parteien den einen oder anderen Änderungswunsch. In den Fachausschussberatungen sind einige Maßnahmen als prioritär höherwertig eingestuft worden. Über diese muss in den weiteren Sitzungen vor der Verabschiedung des Haushaltes noch gesprochen und beraten werden.

Auf keinen Fall werden wir Maßnahmen wie die Herstellung der FuZo oder den Umbau des Stadtmarktes als CDU vorziehen. Da würden wir nach dem komplizierten Umbau der Krambuden und des Großen Zimmerhofes dem Handel einen Bärendienst leisten. Und über eine Anlegestelle an der Oker kann im Zusammenhang mit der Meesche nachgedacht werden. Aber nicht in Groß Stöckheim. Über die Streichungenbeziehungsweise Verschiebungen gibt es eine Liste, die wie oben beschrieben bearbeitet wird.

Weitere Aufnahmen ins Investitionsprogramm sind nicht vorgesehen, es sei denn es passiert ein für die Stadt außergewöhnlich wichtiges Ereignis, das dann berücksichtigt werden müsste", so Pink.

Florian Röpke, Vorsitzender der Gruppe Linke/Piraten im Rat der Stadt:


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Florian Röpke. Foto: Stadt Wolfenbüttel/Thorsten Raedlein



"Im Großen und Ganzen denken wir, die Verwaltung hat die Aufgabe, einen Haushalt für zwei Jahre vorzulegen, gut gemeistert. Natürlich gibt es hier und da Posten im Detail, die wir gern etwas anders hätten, aber vor dem Hintergrund hoher Investitionen, die auch unserem Kernanliegen des bezahlbaren Wohnungsbaus zu Gute kommen, sind wir zufrieden.

Wie bereits im Schulausschuss beantragt, sollte der Ausbau der Aula an der Grundschule am Geitelplatz wieder in die Planungen für 2018/19 aufgenommen werden. Vor dem Hintergrund der Entstehung neuen Wohnraums am Södeweg, aber auch der erhöhten Geburtenraten, wollen wir, dass die Stadt für die kommenden Schülerzahlen gewappnet ist, denn es geht hier auch um Unterrichtsräume. Da die Wiedereinstellung dieses Postens vom Schulausschuss einstimmig beschlossen wurde, sind wir guter Dinge, dass dieses Vorhaben wieder Bestandteil des fertigen Haushaltes sein wird. Dass der Umbau des Jugendzentrums gestrichen wurde finden wir schade. Allerdings bedeuten alle Streichungen lediglich, dass entsprechende Projekte weder dieses noch nächstes Jahr angegangen werden, im Grunde sind es also zeitliche Verschiebungen.

Es ist zu prüfen, ob wirklich rund 1,5 Millionen Euro für den Bau einer Lagerhalle im Gewerbegebiet West notwendig sind und ob dieses Vorhaben nicht gestrichen - also verschoben - werden könnte, hier hoffen wir auf Klärung im nächsten Bauausschuss", berichtet Florian Röpke.

Jürgen Selke-Witzel, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen:


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Jürgen Selke-Witzel Foto: Stadt Wolfenbüttel



"Die Grüne- Ratsfraktion trägt den von der Verwaltung vorgelegten Doppelhaushalt 2018/2019 grundsätzlich mit. Wir erkennen an, dass im Haushalt neben den Millionenbeträgen für Großprojekte wie der Umbau der Sportanlage "Meesche" oder die Neugestaltung des Schlossplatzes auch weiterhin Geld für sinnvolle Projekte wie das Seniorenservicebüro und das Jugendparlament, für die Umstellung des städtischen Fuhrparkes auf Elektrofahrzeuge oder für die Einstellung von neuen Erzieherinnen und Erziehern eingestellt wurdebeziehungsweise eingestellt werden kann. Der Haushalt ist durchaus ausgewogen und ermöglicht für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wolfenbüttel weiterhin eine sehr gute Infrastruktur in allen Lebensbereichen. Deshalb halten wir auch die vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B in den Jahren 2019 und 2020 für sinnvoll. Eine sehr gute kommunale Infrastruktur hat auch Ihren Preis, unter anderem faire Löhne für die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für die Arbeitskräfte, die bei anderen Firmen für die Belange der Stadt arbeiten. Als Fair Trade Kommune muss der Anspruch "Fairer Lohn für gute Arbeit" zudem noch weiter gefasst sein.

Dagegen sieht die Grüne-Ratsfraktion die sogenannte "Streichliste" kritisch. Wir verstehen durchaus, dass die vorgenommenen Projekte derzeit nicht abgearbeitet werden können: weniger aus finanziellen, denn aus personellen Gründen. So wurde es in allen Fachausschüssen kommuniziert. Nach welchen Kriterien aber die Verwaltung die "Streichliste" zusammengestellt hat, erschließt sich nichtund wurde auch nicht kommuniziert. Stattdessen wurde der "schwarze Peter" an die Politik weiter geschoben. In seinem Brief an die Ratsmitglieder teilte der Kämmerer mit, dass wir in der Darlegungspflicht seien, wenn Maßnahmen von der Liste genommen werden sollen. Man kann dies auch anders herum sehen.

Inhaltlich hat die Grüne-Ratsfraktion folgende Vorstellungen: Die Sanierung des Jugendzentrums wurde auf unseren Antrag hin für 2020 wieder in den Investitionshaushalt eingestellt. Die Sanierung der Fußgängerzone muss weiter auf der Tagesordnung bleiben, auch wenn sie sinnvollerweise erst nach der Schloßplatzumgestaltung und dem Neubau des "Löwentores" erfolgen kann. Wir werden deshalb weiterhin Planungskosten ab 2020 beantragen. Nicht nachvollziehbar ist die Verschiebung der Anlegestellen an der Oker. Sie widerspricht dem gerade erst einstimmig beschlossenen Tourismuskonzept der Stadt und ist zudem mit 50.000Euro ein überschaubarer Betrag. Das die schon lange geplante abschließbare Fahrradabstellanlage am Bahnhof, ein absoluter Standard, erst 2020 kommen soll, bedauern wir. Wenn die Planungen tatsächlich 2018/2019 erfolgen tragen wir es aber mit. Damit zeigt die Grüne Fraktion im Rat der Stadt Wolfenbüttel ihre Kompromissfähigkeit und ihr politisches Verantwortungsbewusstsein. Deshalb lehnen wir zum Beispiel konsequent unsinnige Projekte wie eine 1.300 Meter lange, beleuchtete Laufstrecke um den Stadtgraben herum mit jährlichen (!) Folgekosten von 14.000 Euro ab", erklärt Selke-Witzel.

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