Pink kritisiert Land, Grüne kritisieren Pink

von Thorsten Raedlein


| Foto: Thorsten Raedlein



Wolfenbüttel. "Kommt es zur Umsetzung der Planungen des Landes Niedersachsen bezüglich einer sich auf die Landkreise Helmstedt und Wolfenbüttel beziehenden Gebietsreform, ist die Leistungsfähigkeit der Stadt Wolfenbüttel nachhaltig gefährdet", warnte Bürgermeister Thomas Pink im Rahmen der Vorstellung seines Positionspapiers zur Gebietsreform in der Ratssitzung am Mittwoch. Punkte daraus hatte er bereits im September im Rahmen einer persönlichen Presseerklärung öffentlich gemacht (WolfenbüttelHeute.de berichtete).

Schon die Herangehensweise der alten Landesregierung sei mehr als unbefriedigend gewesen.  Der Koalitionsvertrag der derzeitigen Landesregierung enthalte zu dieser Problematik den Grundsatz: „Freiwilligkeit ist der Königsweg“, der als Festlegung zu betrachten sei. "Nur dann muss diese Freiheit konsequent gelten, sonst wird der gesamte Prozess unverbindlich und unglaubwürdig, daher muss dieser Grundsatz auch für den Raum Wolfenbüttel und Helmstedt Anwendung finden", so Pink. Allerdings scheine man von diesem Grundsatz gerade jetzt und hier abzuweichen und der Grund liege einzig und allein im territorialen Wunschdenken der Städte Braunschweig und Wolfsburg begründet. Hinzu komme, dass das alles offensichtlich in geheimen Zirkeln und in den Hinterzimmern des lnnenministers und der beteiligten Oberbürgermeister ausgehandelt werde. Ebenso gehe die gesamte Beratung an der Landrätin vorbei. Die viel beschworene Transparenz sehe anders aus.

Landkreise mit 500 Millionen Miese


Dass das Land nun 96,6 Millionen Euro für die Fusion böte, möge viel erscheinen, betrachte man die "Ist-Zahlen" sehe dies anders aus. "Auf den Punkt gebracht: Die Schulden ‐ Kassenkredite und Langfristschulden aller Gebietskörperschaften in den Kreisen Helmstedt und Wolfenbüttel ‐ ohne Töchter und Gesellschaften ‐ belaufen sich auf eine halbe Milliarde Euro", beruft sich Pink auf Zahlen, die Kämmerer Knut Foraita vorgelegt hatte. Offensichtlich interessiere sich das Land jedoch nicht für die Verbindlichkeiten der Gemeinden und Samtgemeinden dieser Kreise. Betrachte man einmal ausschließlich die Schulden der Körperschaften Landkreis Helmstedt und Landkreis Wolfenbüttel beliefen sich diese auf rund 210 Millionen Euro ‐ ohne Töchter und Gesellschaften. Ziehe man dann die angekündigten 96,6 Millionen Euro Entschuldungshilfe des Landes ab, entspreche dies nicht einmal 50 Prozent.

Berücksichtige man dann noch, dass bei diesem Plan Cremlingen und Sickte nach Braunschweig und Königslutter, Velpke und möglicher Weise Lehre nach Wolfsburg abgegeben werden sollen, so verblieben in diesem Konstrukt nur noch zwei Körperschaften – die Samtgemeinde Baddeckenstedt und die Stadt Wolfenbüttel ‐, die keine Kassenkredite hätten und über eine ausreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügen würden. Diese verlöre man allerdings über eine zwangsläufig deutlich zu erhöhende Kreisumlage. "Drei weitere Werte, die das alles eindrucksvoll untermauern: Die Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis Helmstedt liegt bei 3.800 Euro , die Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis Wolfenbüttel bei knapp 1.500Euro, die der Stadt Wolfenbüttel liegt bei 950 Euro", betonte der Bürgermeister. Durch die vom Land ins Gespräch gebrachte Fusion würde trotz der Entschuldungshilfe die Pro-Kopf-Verschuldung auf 2.300 Euro ansteigen.

Forderungen des Bürgermeisters


"Deshalb treffe ich folgende Feststellungen: 1. Ja, es gibt seit langem einen akuten Handlungsbedarf im südostniedersächsischen Raum. 2. Wenn Freiwilligkeit ‐ dann muss diese für alle gelten. 3. Keine Extrawürste für die Oberzentren, sondern eine ausgewogene Berücksichtigung aller kommunalen Interessen und Akteure! 4. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie aller von diesen Plänen betroffenen Stadt- und Gemeinderäte. 5. Keine „Hinterzimmerpolitik“, sondern eine transparente Aufarbeitung der Problemstellungen und Berücksichtigung rein sachlicher und verfassungsrechtlich abgesicherter Grundsätze! 6. Eine aktive moderierende und steuernde ,aber unparteiische Begleitung durch das Land und keine nach politischen Präferenzen orientierte Gebietsreform. 7. Ergebnisoffene Prüfung aller Optionen; auch der einer Regionsbildung nach dem Modell Dr. Hoffmanns. Und abschließend: Die Stadt Wolfenbüttel muss als stärkstes Mittelzentrum dieser Region angemessen und schon bei den vorbereitenden Sondierungsgesprächen Berücksichtigung finden", so die Forderungen des Rathauschefs.

Grüne kritisieren Pink


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Markus Brix, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rat der Stadt. Foto: Grüne



Von den Grünen gab es Kritik an der Vorgehensweise des Bürgermeisters, sich vor der Rücksprache mit dem Rat an die Presse gewandt zu haben. "Wir als Stadtratsfraktion stehen zwar hinter den Forderungen, hätten das Papier aber lieber diskutiert", sagte Markus Brix. Auf der einen Seite Beteiligung zu fordern, auf der anderen Seite etwas im Alleingang zu entscheiden, sei nicht in Ordnung. Reiner Strobach ergänzte, dass es zwar eine Region gebe, das entsprechende Bewusstsein bei den Bürgern fehle.


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