Finanzlage der Stadt dramatisch - "Multikrise zieht uns unter Wasser"

Der Plan für den Doppelhaushalt musste angepasst werden. Für die kommenden beiden Jahren wird mit einem Rekord-Minus von fast 200 Millionen Euro gerechnet.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: regionalHeute.de

Braunschweig. Keine guten Nachrichten hatten am heutigen Freitag Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum und Finanzdezernent Christian Geiger. Im Rahmen einer Pressekonferenz berichteten sie, dass der im September vorgestellte Haushaltsentwurf korrigiert werden musste. Dabei fiel des Öfteren das Wort "dramatisch", um die finanzielle Situation der Stadt zu beschreiben.



Trotz stabiler Steuereinnahmen drohe gegenüber der im Entwurf des Doppelhaushalts 2023/2024 zugrunde gelegten Planung mehr als eine Verdoppelung der bisher geplanten Jahresdefizite für 2023 und 2024. Statt einem Fehlbetrag von insgesamt 83,2 Millionen Euro gehe die Finanzverwaltung nun von einem Defizit in Höhe 193,6 Millionen Euro aus. "Die Multikrise aus Ukraine-Krieg, Inflation und Energiepreissteigerungen zieht uns unter Wasser", konstatierte Oberbürgermeister Kornblum. Das sei vor allem auch deshalb frustrierend, weil man vor Ort alle Anstrengungen unternommen habe, um die Finanzen im Rahmen zu halten, nun aber von nicht beeinflussbaren Faktoren nach unten gezogen werde.

Mehr Hilfe benötigt


Von Bund und Land müsse deutlich mehr und vor allem auch unbürokratischere Unterstützung kommen. Es würden den Kommunen immer weitere Aufgaben aufgebürdet - wie etwa die Unterbringung von Flüchtlingen oder die Wohngeldreform, für deren Umsetzung die Stadt über 20 neue Stellen schaffen müsse. Vernünftig gegenfinanziert würden diese aber nicht. Bei manchen Hilfen wie dem Härtefall-Fonds würden so viele bürokratische Hürden aufgebaut, dass sie eher zur Belastung werden, so der OB. Hier sei mehr Vertrauen in und Flexibilität für die Kommunen gefragt.

Dr. Thorsten Kornblum zur Haushaltslage:


Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum.
Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum. Foto: Alexander Dontscheff


Auch würde zu wenig auf die besondere Situation von Großstädten eingegangen. Hier würden zum Beispiel für die Unterbringung von Flüchtlingen deutlich mehr Kosten anfallen als auf dem platten Land. Die vom Land gezahlten 11.500 Euro pro Flüchtling reichten nicht aus, man benötige etwa 18.000 Euro. Hier entstehe ein Defizit von über 20 Millionen Euro im Jahr. Auch die Krankenhauslage sei dramatisch. Da das Städtische Klinikum Maximalversorger sei, könne man hier nicht einfach mal ein paar Stationen schließen. Auch dies werde bei der Förderung nach dem Gießkannenprinzip zu wenig berücksichtigt.

Kredite werden nötig


Auch auf das "Giro-Konto" der Stadt wirkt sich die dramatische Situation aus. "Der negative Saldo im laufenden Geschäft wird nach Verzehr der bestehenden Liquiditätsreserven nach aktueller Planung die dauerhafte Aufnahme von Liquiditätskrediten erforderlich machen", kündigt Stadtrat Christian Geiger an. "Notwendige, auch zur Ausführung von Rechtsansprüchen durchzuführende Investitionen müssen dann schuldenbasiert finanziert werden. Und dies bei stark gestiegenen Zinsen mit einer entsprechend erhöhten jährlichen Zinsbelastung." Die Überschussrücklagen würden bis spätestens 2027 komplett aufgebraucht sein.

Doch was ist angesichts dieser Lage im Rahmen der Haushaltsplanung überhaupt noch an Investitionen möglich? "Wenn wir zukunftsfähig bleiben wollen, müssen wir weiter investieren: in Kitas und Schulen, Klimaschutz, Katastrophenschutz, Digitalisierung und bauliche Infrastruktur", betont Dr. Kornblum. Ansonsten müsse der Rotstift angesetzt werden. So habe man alle bisherigen Mehranmeldungen konsequent gestrichen. Die Fraktionen des Rates seien durch ein Schreiben des Oberbürgermeisters über die Lage informiert worden. Jetzt gelte es, alles Wünschenswerte einem Realitätscheck zu unterziehen, betonen Kornblum und Geiger.

Weitere Sparpotenziale?


Und was passiert, wenn die erhofften Hilfen von Bund und Land ausbleiben? Dann müsse man sehen, wo man weiter sparen könne. Vor allem bei den sogenannten freiwilligen Leistungen wie Sport und Kultur werde dann angesetzt, aber auch ÖPNV-Angebote könnten eingeschränkt werden. Selbst der Klimaschutz sei dann nicht außen vor. Außerdem könne der "Braunschweiger Standard", den man bei den Pflichtaufgaben habe, gesenkt und nur noch das Notwendigste angeboten werden, so die düstere Aussicht.


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