Droht ein Inferno in den Harzwäldern? Wissenschaftler sehen hohes Risiko

"Der Klimawandel schlägt bei uns im Wald voll durch", befürchtet der Waldbrandbeauftragte des Landkreises Göttingen

Ein Großbrand in den Harzwäldern könnte dramatisch enden. Löscheinsätze gestalten sich aufgrund des unwegsamen Geländes schwierig.
Ein Großbrand in den Harzwäldern könnte dramatisch enden. Löscheinsätze gestalten sich aufgrund des unwegsamen Geländes schwierig. | Foto: Pixabay

Region. Lange Zeit galt der regenreiche Harz als fast immun gegen Waldbrände. Doch in den letzten beiden Jahren habe sich die Situation dramatisch verändert. Dies geht aus einer Pressemitteilung der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Göttingen hervor.


Damit die Region bestmöglich auf den Ernstfall vorbereitet werden könne, trafen sich Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter des Niedersächsischen Innenministeriums und der betroffenen Landkreise aus den Bereichen Forst, Brand- und Katastrophenschutz auf Initiative der HAWK zum ersten „Brandschutzforum Harz“ an der Fakultät Ressourcenmanagement in Göttingen.

Wo früher von Brandgefahr keine Rede war, herrschte 2018 und 2019 große Trockenheit. Von der Dürre geschädigte Bäume fielen dem Borkenkäfer zum Opfer, Moore fielen trocken. Durch Stürme, Trockenheit und Käferbefall gebe es eine Menge Totholz, das einem möglichen Feuer viel Nahrung böte. Schon in den letzten Jahren gab es mehrere kleinere Waldbrände im Harz. Dass es nicht schlimmer gekommen ist, sei reines Glück gewesen, glaubt Forstwissenschaftlerin Prof. Dr. Bettina Kietz. Sie lehrt an der HAWK unter anderem in den Bereichen Forstnutzung und Holzernte.

"Das Szenario eines großen Waldbrandes im Harz wäre deutlich schlimmer als beispielsweise in der Heide. Der Harz hat sehr steile Hänge. Dadurch haben wir auch eine deutlich schnellere Feuerausbreitung. Hangaufwärts hat das Feuer quasi Rückenwind. Hinzu kommt, dass das Gelände nicht annähernd so befahrbar ist wie in anderen Waldbrandregionen. Das heißt, auch der Feuerwehreinsatz ist deutlich eingeschränkt. Flugzeuge können in dem stark kupierten Gelände nicht eingesetzt werden, geeignete Hubschrauber sind nur in geringer Zahl und mit erheblicher Vorlaufzeit an einen Brandort zu bekommen", so Prof. Dr. Bettina Kietz, Forstwissenschaftlerin an der HAWK.

Es gibt kein Brandschutzkonzept



Angesichts dieser Gefahr hat Kietz zum „Brandschutzforum Harz“ eingeladen. Denn um auf große Brände vorbereitet zu sein, müssten alle Beteiligten in Zukunft auf übergeordneter Ebene zusammenarbeiten, so Kietz. „Bisher ist der Brandschutz im Katastrophenfall auf Landkreisebene geregelt. Feuer macht aber vor Landkreisgrenzen genauso wenig halt wie vor Besitzgrenzen oder Landesgrenzen. Es fehlt ein harzübergreifendes Konzept für den Brandschutz und eine engere Zusammenarbeit zwischen den Landkreisen.“

Den Bedarf haben auch alle anderen Beteiligten erkannt. Das Interesse am Austausch ist groß: Neben Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaft, den Landkreisen Göttingen, Goslar und Harz, der Feuerwehr und der Bundeswehr waren auch die Waldbrandschutzbeauftragten zum Forum nach Göttingen gekommen. Daneben waren Sabine Bauling für den Nationalpark Harz und Christian Friedrich für das Referat Brand- und Katastrophenschutz des Niedersächsischen Innenministeriums vertreten.

Waldbrände waren Menschengemacht


"Man hat nicht das Gefühl, dass die letzten beiden Sommer ein Jahrhundertereignis waren. Eher werden Hitze und Trockenheit im Harz zur Normalität. Das sind Gefahren, die wir früher nicht kannten. Der Klimawandel schlägt bei uns im Wald voll durch", erklärt Oliver Glaschke, Waldbrandbeauftragter des Landkreises Göttingen.

Glaschke hofft, dass das Forum alle Teilnehmenden noch einmal für das Thema sensibilisiert und sich die Zusammenarbeit über Landkreis- und Ländergrenzen hinweg verbessert. „Wir brauchen einen gemeinsamen Schubladenplan, damit man einen Waldbrand vernünftig bekämpfen kann.“ Einig waren sich auch alle Beteiligten, dass dieser Plan gemeinsam gelebt und trainiert werden muss. Über einen wichtigen Baustein sind sich die Beteiligten dabei schon einig: Eine aktualisierte Brandeinsatzkarte mit dem Wegenetz und Wasserentnahmestellen soll möglichst schnell verfügbar sein.

Aber auch die Prävention durch Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung ist ein Thema für die Verantwortlichen. Die Waldbrände 2018 und 2019 waren alle menschengemacht. Das Problem ist nicht selten ein verantwortungsloser Umgang mit Feuer, weiß auch Kietz: „Im Nationalpark gibt es immer wieder Leute, die Wildlife für sich erleben wollen, dort übernachten und sich eine Feuerstelle machen.“

Landkreis Goslar als Vorreiter


Um aus dem ersten Treffen möglichst bald konkrete Maßnahmen zu machen, wollen sich die Teilnehmenden des Forums nun regelmäßig austauschen. Die Verantwortung dafür hat Dennis Dorn, Fachdienstleiter Ordnung Verkehr und Bevölkerungsschutz beim Landkreis Goslar, übernommen. Dort soll auch das nächste Treffen stattfinden. Kietz freut sich über diese Entwicklung: „Der Landkreis Goslar ist unheimlich weit mit seinen Brandschutzkonzepten. So können Erkenntnisse weitergegeben werden, um möglichst schnell zu einem harzübergreifenden Brandschutzkonzept zu kommen.“

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