Mord oder Totschlag? Wann ein Mensch zum Mörder wird

Wer einen Menschen tötet, ist nicht immer ein Mörder. Die Gerichte und Staatsanwaltschaften unterscheiden da sehr genau.

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Region. Immer wieder werden an den Landgerichten der Region Prozesse geführt, in denen den Angeklagten vorgeworfen wird, sie hätten ein Menschenleben auf dem Gewissen. Nicht immer aber lautet die Anklage Mord. Doch wann ist ein Mensch ein Mörder und wann ein Totschläger?



Für die Region sind zwei Landgerichte zuständig. Das Landgericht Hildesheim umfasst unter anderem die Landkreise Gifhorn (ohne die Samtgemeinden Brome und Boldecker Land) und Peine (ohne die Gemeinen Vechelde und Wendeburg). Das Landgericht Braunschweig ist zuständig für die Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie für die Landkreise Goslar, Helmstedt und Wolfenbüttel. Außerdem für die
Samtgemeinden Brome und Boldecker Land und die Gemeinden Vechelde und Wendeburg.


Mord oder Totschlag?


Viele der Prozesse, die an den Landgerichten verhandelt werden, haben eines gemeinsam: Einem Menschen wurde das Leben genommen - doch ob der Täter ein Mörder oder ein Totschläger ist, hängt von vielen Faktoren ab. Doch was genau macht den Unterschied, ob es zu einer Mordanklage kommt oder zu einer Anklage wegen Totschlags? Welche Merkmale müssen erfüllt sein, damit eine Anklage wegen Mordes erhoben werden kann?


Maike Block-Cavallaro ist Richterin am Landgericht Braunschweig und erklärt den Unterschied. "Nur bei positivem Vorliegen von mindestens einem Mordmerkmal kann eine Mordanklage erhoben werden", sagt die Richterin und verweist auf das Strafgesetzbuch. Dort sind unter Paragraph 211 Absatz 2 die Mord-Merkmale wie folgt aufgeführt: "Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet".



Mordprozesse am Landgericht Braunschweig


Zwei Mordprozesse, die in jüngster Vergangenheit am Landgericht Braunschweig geführt wurden, sorgten deutschlandweit für großes Medieninteresse. Es sind die Morde an der 15-jährigen Anastasia aus Salzgitter und an dem 51-jährigen Karsten Manczak aus Groß Döhren im Landkreis Goslar. In beiden Fällen sind die Urteile gefallen. Der Mörder von Karsten Manczak wurde, obwohl bis heute keine Leiche gefunden wurde, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Anastasias Mörder muss für für acht Jahre ins Gefängnis - er wurde, da er bei der Tatbegehung erst 14 Jahre alt war, nach dem Jugendstrafrecht verurteilt.

Mindestens fünf Jahre Haft


Zu Totschlag steht im Strafgesetzbuch unter Paragraph 212: "Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft." In besonders schwerem Fall könne auch eine lebenslange Freiheitsstrafe (15 Jahre) verhängt werden, sagt Maike Block-Cavallaro

Lautet eine Anklage auf Mord, kommen die Verurteilten nicht mit einer Freiheitsstrafe unter 15 Jahren davon- es sei denn, es handelt sich bei dem Täter um einen Jugendlichen. "Bei Mord wird eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt. Einen minder schweren Fall gibt es hier nicht. Unter Umständen kann die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden", erklärt die Richterin.

Gemeinschaftlicher Totschlag


Im April 2021 mussten sich am Landgericht Braunschweig in einem Prozess drei Männer wegen des Vorwurf des gemeinschaftlichen Totschlags verantworten. Sie hatten, gemeinsam mit einem weiteren Angeklagten, im September 2020 einen Mann in dessen Wohnung in Westhagen getötet. Für den Schwiegervater des Opfers gab es eine Freiheitsstrafe von neun Jahren, sein Sohn bekam sechs Jahre und sein Schwiegersohn sieben Jahre Gefängnis. Ein weiterer Tatbeteiligter wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hatten die drei wegen gemeinschaftlichen Totschlags verurteilten Angeklagten in vollem Umfang Revision eingelegt. Auch die Nebenklage hatte Revision eingelegt - sie zielte auf eine Verurteilung der Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Mordes ab. Alle eingelegten Revisionen sind erfolglos geblieben und vom Bundesgerichtshof als unbegründet verworfen worden. Damit sind die Urteile rechtskräftig.

Erst in der vergangenen Woche berichtete regionalHeute.de über einen Fall in Salzgitter-Lebenstedt. Während eines Wohnungsbrandes stellte sich heraus, dass der 61-jährige Bewohner der Wohnung offenbar vor dem Brand eine Straftat begangen hatte. Er wird verdächtigt, seine Partnerin auf dem Parkplatz des West-Ost Marktes niedergestochen zu haben. Kurtz nach der Festnahme wurde bekannt, dass der Mann bereits eine langjährige Haftstrafe abgesessen hatte. Wegen Totschlags. Die Hintergründe zu der Tat, die er in den 90er-Jahren begangen haben soll, sind bisher nicht bekannt.

Die besondere Schwere der Schuld


Wird vom Gericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt, bedeutet das, dass der Täter nur in besonderen Ausnahmefällen nach Ablauf der 15 Jahre freikommen kann. "Die Frage nach der besonderen Schwere der Schuld stellt sich nur in Ausnahmefällen. Andere Taten können als Grund für die Bejahung einer besonderen Schwere der Schuld berücksichtigt werden, wenn sich auch Anzeichen für gesteigerte Schuld und Gefährlichkeit des Täters beim Mord darstellen. Eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld setzt voraus, dass das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen so sehr abweicht, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach fünfzehn Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unangemessen wäre. Einen „Normalfall“ gibt es hier aber nicht, so dass es immer auf ein Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit im jeweiligen Einzelfall ankommt.

Lebenslang, oder länger


Im Fall Karsten Manczak hatte die Staatsanwaltschaft die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Das Gericht folgte dieser Forderung bei der Urteilsfindung nicht.

Auch bei einem schon einige Jahre zurückliegenden Fall sollte die Frage der besonderen Schwere der Schuld geklärt werden. Der damals 56-jährige Siegfried C. war zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, weil er seine Ehefrau erschossen haben soll. Der sogenannte Küsterin-Mord sorgte im Jahr 2012 bundesweit für Aufsehen. Der Prozess, in dem die Frage der besonderen Schwere der Schuld geklärt werden sollte, wurde nie beendet. Siegfried C. nahm sich noch während des Prozesses das Leben.


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