Erhöhung der Kita-Gebühren: Eltern wüten in Ausschusssitzung

von Nick Wenkel


Die Kita-Gebühren sollen angepasst werden. Symbolfoto: Nick Wenkel/Pixabay
Die Kita-Gebühren sollen angepasst werden. Symbolfoto: Nick Wenkel/Pixabay

Wolfenbüttel. Kitagebühren sorgen erfahrungsgemäß immer für größere Diskussionen, vor allem dann, wenn es um eine Erhöhung geht. So auch in der heutigen Sitzung des Sozialausschusses. Der Entwurf der Verwaltung sieht vor, die Gebühren für Mehrverdiener deutlich zu erhöhen, während sozialschwächere Familien entlastet werden. Doch das stieß auf wenig Begeisterung zahlreicher anwesender Eltern.


Der Ratssaal im Wolfenbütteler Rathaus war am heutigen Donnerstag entsprechend gut gefüllt. Eltern und Erzieher nahmen an der Sitzung des Sozialausschusses teil, um ihre Meinung kund zu tun und im Rahmen der Einwohnerfragestunde Antworten auf mögliche Fragen zu bekommen. Dabei hagelte es aber vor allem Kritik. Unter anderem störten sich die anwesenden Eltern an der „neuen“ Geschwisterregelung. Mit der Geschwisterregelung soll die finanzielle Belastung durch die Gebühren entsprechend vermindert werden, wenn zwei oder mehr Kinder im elterlichen Haushalt leben. Die ursprüngliche Regelung sah vor, für das älteste Kind die volle Gebühr, abzüglich einer Gebührenstufe, sowie für das zweite Kind und weitere Kinder die Hälfte der vollen Gebühr festzulegen. Doch was passiert, wenn eines der Kinder gebührenfrei ist? Hier schlägt die Verwaltung vor, eben jene Geschwisterregelung auch in diesen Fällen stringent anzuwenden. Damit gilt: Für das älteste Kind fällt die einkommensadäquate Gebühr an, abzüglich einer Gebührenstufe und für die jüngeren Geschwisterkinder wird jeweils die Hälfte der einkommensadäquaten Gebühr festgelegt. Einige Eltern halten eine solche Regelung allerdings für ungerecht. Ihrer Meinung nach sollte man darauf verzichten, eine Gebührenreduzierung auf das Alter der Kinder zu begründen. „Die Einschränkung sollte weg, damit alle Kinder gleich behandelt werden“, unterstrich Torsten Schaßan, Vertreter des Stadtelternrates. Die Verwaltung nahm den Vorschlag auf und wird ihn zur kommenden Sitzung des Verwaltungsausschusses am 18. März berücksichtigen.

Die Frage nach der „typischen Familie"


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Thomas Pink. Foto: Werner Heise



Weniger gesprächsbereit zeigte sich die Verwaltung bei derneuen Höchstgebühr. Diese liegt bei 870 Euro und soll dabei helfen, Eltern wieder die Rückkehr in den Job zu erleichtern. Denn in einigen Fällen, vor allem bei kinderreichen und einkommensstarken Familien, könnte die Gebührensumme unter Umständen vierstellig werden. „Dieser Höchstbetrag stellt nach Auffassung der Verwaltung einen Kompromiss dar, der einerseits eine finanziell noch zumutbare Höhe umfasst, gleichzeitig aber nicht so hoch ausfällt, dass dadurch berufliche Initiativen gehemmt werden“, erläuterte die Verwaltung in ihrer Ausarbeitung. Aber: Einige Eltern störten sich jedoch daran, wie der Höchstwert von 870 Euro ermittelt wurde. „Gibt es einen Ansatz bei der Ermittlung der Höchstgebühr, was eine ‚typische Familie’ ist und wer sich das leisten kann?“, fragte ein Bürger. Er wollte von der Verwaltung letztlich wissen, welche Kriterien und Daten ausgewertet wurden, um eben jenen Höchstwert zu ermitteln. Bürgermeister Thomas Pink entgegnete, dass „jedes Elternteil für sich wissen muss, ob man sich die Gebühren leisten kann“. Laut Pink könne die Verwaltung nicht beurteilen, was eine „typische Familie“ ist.

„Bezahlen wir die Fehler der Vergangenheit?"


Doch der Bürgermeister weiß auch: „Es ist natürlich nicht schön, dass die Gebühren angehoben werden müssen.“ Doch die Anpassung scheint alternativlos. Auf die Frage eines Elternteils, welche alternativen Einkommensmöglichkeiten diskutiert wurden, stellte Pink klar: „Keine“. Der einfache Grund sei hier eine gesetzliche Rangordnung der Einnahmemöglichkeiten. Und dort seien Gebühren an oberster Stelle, unter anderem auch über die vom Elternteil angesprochenen Steuern. Pink stellte auch klar: Man hätte in den Vorjahren in Sachen Gebührenerhöhung schon aktiver werden müssen. Dem will die Verwaltung nun aber Rechnung tragen. „Also bezahlen wir die Fehler der Vergangenheit?“, fragte ein anderer Bürger, die die Verwaltung aber energisch verneinte.

Zustimmung(fast) aller Ausschussmitglieder


Viel mehr gehe es um die Zukunft der Stadt, erläuterte Dörthe Weddige-Degenhard (SPD), die eine Gebührenanpassung begrüßte. „Die Erhöhung ist natürlich keine schöne Sache. Wir Politiker sind auch Bürger der Stadt, wir haben Familien und kennen Leute, die betroffen sind. Wir machen das nicht aus Jucks und Dollerei, sondern wir haben eine große Verantwortung für den Haushalt und die Lebensqualität der Stadt. Wir haben auch eine hohe Verantwortung für das Personal, das in den Kitas arbeitet“, erläutert Weddige-Degenhard. Nur so könne man garantieren, dass die Wolfenbütteler Kinder auch weiterhin so gut betreut werden, wie sie es derzeit werden. Mit der Gebührenanpassung wollte man zudem die „schwächeren Schultern ein wenig entlasten“, was sie sehr begrüße. Zustimmung bekam die SPD-Politikerin dabei unter anderem von Katrin Rühland (CDU), die ihrer Vorrednerin „in allen Punkten übereinstimmt“. So kam es dann auch wenig überraschend, dass fast alle Ausschussmitglieder dem Antrag zustimmten. Der nicht stimmberechtigte Rudolf Ordon (FDP), der mit seiner Fraktion kürzlich eine Verschiebung der Anpassung forderte (regionalHeute.de berichtete), verließ vor der politischen Diskussionden Ratssaal.

Pink gegen Heid


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Klaus Dieter Heid. Foto: AfD



Der einzige, der die Gebührenanpassung letztlich ablehnte, war Klaus-Dieter Heid (AfD). „Natürlich bezahlen Sie die Fehler der Vergangenheit“, richtete er an die versammelten Bürger. „Was ich bedauere und was überhaupt nicht zur Sprache kommt, ist das gesellschaftspolitische Problem, was dadurch entsteht“, so der AfD-Mann. Heid bezeichnete die oft gestellte Frage „Kann ich mir ein Kind leisten?“ als „pervers“ und appellierte an die Politik, Paaren vielmehr aufzuzeigen, warum es sich lohnt Kinder zu bekommen. „Das ist doch die Grundlage unserer Gesellschaft“, erläuterte Heid, was auf laute Zustimmung vereinzelter Eltern im Ratssaal traf.

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Maximilian Pink. Foto:



Maximilian Pink (CDU) wollte dies so nicht stehen lassen. „Die Gesellschaft so zu manipulieren, ist gar nicht dumm von Ihnen. Erstmal alle reden lassen und die Fakten für sich sprechen zu lassen“, richtete Pink direkt an Heid. Als „bedeutungslose Minderheit in Wolfenbüttel“ habe die AfD allerdings keinen Einfluss auf die politischen Geschehnisse der Stadt, was Heids Aussagen letztlich auch so simpel mache. Aber: „So kann es leider nicht funktionieren. Dass die Eltern solche Aussagen gut finden, kann ich nachvollziehen. Aber ich appelliere daran, darüber nachzudenken, dass hier eine Person gesprochen hat, die an keinem der Arbeitskreise teilgenommen hat“, so Pink. Heid entgegnete, dass er an einer der ersten Sitzungen teilgenommen, sich dann aber aufgrund der Zielrichtung dazu entschlossen habe, sich künftig nicht mehr zu beteiligen.

„Populistische" und „rechtskonservative" Politik


Dörthe Weddige-Degenhardt richtete sich ebenfalls an die anwesenden Eltern und erinnerte an ein Wahlplakat der AfD, auf dem der Slogan „Wir machen unsere Kinder selber“ zu lesen war. Hinsichtlich der Gebührenanpassung stellte sie daher nochmals klar, dass eben auch ausländische Familien davon profitieren. Auch Sascha Poser (Bündnis 90/Die Grünen) übte Kritik an Klaus-Dieter Heid. So habe der AfD-Mann weder Gegenvorschläge gegeben, noch habe er zu schätzen gewusst, dass – wie von der AfD gewünscht – die kleineren Familien entlasten werden. Schärfere Worte fand Bürgermeister Thomas Pink. „Sie machen hier populistische Politik, Sie machen hier rechtskonservative Politik, die nicht zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse in einer Stadt führt, Sie reden alle nur nach dem Mund, wie es alle gerade hören wollen. Das ist verwerflich und das wird es mit mir, solange ich im Rat bin, nicht geben, ganz klipp und klar.“

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