Braunschweig. Immer wieder werden vor dem Braunschweiger Landgericht spektakuläre und aufsehenerregende Prozesse verhandelt. Viele davon waren Mordprozesse, die bundesweit für Interesse gesorgt haben. regionalHeute.de hat die bekanntesten Verhandlungen zusammengefasst, die mitunter viele Jahre zurückreichen.
Für besondere Aufmerksamkeit haben etliche Mordprozesse gesorgt, die in der Münzstraße verhandelt worden. Nicht selten wurden während der Prozesse besondere Sicherheitsmaßnahmen getroffen, um Prozessbeteiligte zu schützen. Die Liste der Angeklagten reicht von Managern, über Clanmitglieder bis hin zu Jugendlichen und Polizisten. Oftmals werden schwere Verbrechen wie Mord und Totschlag verhandelt. Außer den Tötungsdelikten fand 2005 beispielsweise auch das Berufungsverfahren gegen einen ehemaligen Fußballprofi wegen Beleidigung eines Polizeibeamten. Stefan Effenberg soll während einer Polizeikontrolle einen Beamten "Arschloch" genannt haben. Dafür gab es nach einem Berufungsverfahren eine saftige Geldstrafe.
Angriff auf Hospizleiter
Im April 2025 wurde ein 28-Jähriger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Der Ex-Pfleger musste sich wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr verantworten. Am 21. August 2024 kam es in Wendessen zu einer Attacke auf den Geschäftsführer des HospizZentrums. Der 28-Jährige, dessen Arbeitsverhältnis kurz zuvor beendet worden war, hielt mit seinem Wagen gezielt auf den Geschäftsführer zu und verletzte diesen schwer. Nur mit Glück überlebte dieser die Attacke.
Teenagermord von Salzgitter
Ein Prozess im Jahr 2023 fand bundesweit traurige Berühmtheit. Es ist der Fall der erst 15-jährigen Anastasia aus Salzgitter. Das Mädchen wurde im Juni 2022 tot aufgefunden. Tatverdächtigt waren schon nach kurzer Zeit zwei Teenager, damals 13 und 14 Jahre alt. Am 21. Februar hat das Landgericht Braunschweig einen inzwischen 15-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Der mutmaßliche Mittäter geht straffrei aus, weil er zum Tatzeitpunkt erst 13 Jahre alt war und damit als strafunmündig gilt. Sowohl Tat, als auch Anklage und Urteil lösten viele Diskussionen aus.
Mutter und Tochter heuerten Auftragskiller an
Für bundesweite Schlagzeilen sorgte auch der Fall zweier Frauen aus Wolfenbüttel, die Ende 2022 verhaftet wurden. Mutter und Tochter sollen einen Mann beauftragt haben, den Ex-Lebensgefährten der Tochter zu töten. Doch der vermeintliche Killer ging stattdessen zur Polizei. Der Prozess gegen die beiden Frauen endete im Juni 2023 mit einem Schuldspruch. Die 41-jährige Angeklagte wurde wegen (gemeinschaftlich) versuchter Anstiftung zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt, ihre jährige Mutter zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren.
Mord ohne Leiche
Im Mai 2022 ging wohl einer der spektakulärsten Prozesse am Braunschweiger Landgericht zu Ende. Am Ende des sechs Monate andauernden "Mordprozess ohne Leiche" stand eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten Martin G. Der Bundespolizist soll im April 2021 seinen engen Freund Karsten Manczak aus Groß Döhren getötet haben. Die sterblichen Überreste des damals 51-Jährigen wurden nie gefunden. Der Angeklagte schwieg während des ganzen Prozesses. Das Gericht sah es auch ohne Leiche als erwiesen an, dass G. in den Morgenstunden des 13. April 2021 sein Opfer aus dem Haus gelockt und mit einer Armbrust getötet hat. Das Motiv: G. soll über Jahre hinweg eine Affäre mit Manczaks Frau gehabt haben. Um mit ihr eine gemeinsame Zukunft zu haben, musste der Nebenbuhler weg. G. wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Verfeindete Clans
Ein weiterer aktueller Fall, der im Sommer 2022 am Landgericht endete, befasste sich mit einer Schießerei im vergangenen Jahr im Braunschweiger Ringgebiet. Die brutalen Auseinandersetzungen soll das Resultat eines seit vielen Jahren schwelenden Familienkrieg zweier Clans sein. Laut Anklage seien die fünf Angeklagten Teil einer Gruppe oder Familie, die mit einer anderen Familie seit mehreren Jahren im Streit gelegen hätte und verfeindet gewesen sei. Der Konflikt zwischen den beiden Familien sei im Laufe der Jahre eskaliert. Daher sollen die fünf Angeklagten mit weiteren, bisher noch unbekannten Mittätern beschlossen, mindestens ein Mitglied der verfeindeten Familie zu töten. Der Prozess wurde unter extremen Sicherheitsmaßnahmen geführt. Ein Großaufgebot an Polizeikräften sichert das Landgericht außen und innen. Im Juni wurde die Urteile gesprochen: alle Angeklagten müssen für mehrere Jahre ins Gefängnis.. In einem späteren Verfahren wurde ein weiterer Täter zu einer 5-jährigen Freiheitsstrafe sowie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt.
Mord an Küsterin
Im Januar 2016, mehr als drei Jahre nach dem Mord an einer Küsterin in Braunlage, stand der Ehemann der Frau erneut vor Gericht. In der Verhandlung sollte die Frage der besonderen Schwere der Schuld geklärt werden. Zuvor war der Mann, der am 16. November 2012 seine Ehefrau in der Sakristei der Kirche, in der sie als Küsterin arbeitete, durch einen Schuss in den Hinterkopf getötet haben soll, wegen Körperverletzung und Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Zu einer Urteilsverkündung kam es allerdings nicht mehr, da der Angeklagte während des Prozesses verstarb.
Clans bekämpfen sich in Salzgitter
2014 bewachten rund 50 Beamte der Bereitschaftspolizei das Landgericht an 12 Prozesstagen bei einem Strafverfahren, das eine Schießerei auf offener Straße in Salzgitter-Lebenstedt zwischen zwei Mhallamye-Kurden-Clans zum Gegenstand hatte. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen einen 55-Jährigen aus Bremen Anklage wegen versuchten Totschlags zur Schwurgerichtskammer des Landgerichts Braunschweig erhoben. Dem Mann wurde vorgeworfen, in der Nacht vom 23. auf den 24. Juli 2013 nach Streitigkeiten mit einer Pistole auf drei Männer der gegnerischen Gruppe geschossen zu haben. Zwei der Geschädigten erlitten Schussverletzungen im Bauchbereich, der dritte eine Prellung.
Mord an Bordellbesitzer
2011 wurden in dem sogenannten Torso-Prozess ein damals 49-jähriger Schlachter aus Vienenburg und sein 28-jähriger Sohn wegen Mordes an einem Bordellbesitzer zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Aus Verärgerung über mangelndes Entgegenkommen und zur Erlangung der von diesem mitgeführten 25.000 Euro soll er einen 35-jährigen Mann den Ermittlungen zufolge zunächst mit einem Revolvers durch einen aufgesetzten Bauchschuss niedergeschossen haben. Als er bemerkt habe, dass das Opfer den Tötungsversuch überlebt hatte, habe er diesem einen gezielten Messerstich ins Herz versetzt, an dem der Mann dann starb. Später wurde das Opfer zerstückelt. Der Torso wurde in der Okertalsperre gefunden. Beide Urteile sind rechtskräftig. Die Revision im Urteil gegen den Sohn wurde im August 2011 abgelehnt.
Schüsse auf der Autobahn
1999 fand der Prozess um den spektakulären Mord an dem griechischen Gastronomen und Bordellbetreiber Elefterios Varlamis statt, der auf der Autobahn in seinem Wagen aus einem vorbeifahrenden Auto heraus erschossen worden war. Für die Todesschüsse auf der A 395 am 22. Juli 1998 wurden die fünf Angeklagten zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt.
Ein Pastor wird zum Mörder
1998 sorgte der Mord an der Pastorenfrau Veronika Geyer-Iwand für großes Aufsehen. Die Ortsbürgermeisterin von Beienrode wurde in einem Waldstück bei Hötzum erschlagen aufgefunden. Geyer wurde als erster Geistlicher in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt wegen Tötung seiner Ehefrau zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Geyer starb ein Jahr nach seiner Haftentlassung im Jahr 2003. 20 Jahre nach dem Mord an Veronika Geyer-Iwand verfilmt der NDR den Fall.
Mord an Bankdirektor
1978 erging das Urteil gegen den Exil-Ungarn Ferenc Sos, der in Braunschweig-Mascherode die fünfköpfige Familie eines Bankdirektors erdrosselt hatte. Sos wurde vom Braunschweiger Landgericht wegen fünffachem Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er starb 2011 in der JVA Celle.
Der Totmacher
1950 wurde der Massenmörder Rudolf Pleil, der sich selbst „Totmacher" nannte und der an der ehemaligen Zonengrenze mindestens zehn junge Frauen umgebracht hatte, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Pfeil hatte 1946 und 1947 mehrer Frauen ermordet. Unter anderem tötete er zwei Frauen bei Vienenburg, deren Leichen er in einem Brunnen zurückließ.
"Der Schrecken des Elm"
Anfang der 1970er-Jahre wurden in Braunschweig der Fall gegen den SS-Hauptsturmführer und Gewaltverbrecher Friedrich Opitz verhandelt. Opitz, der "Schrecken des Elm", hatte seit 1928 die Gegend um Braunschweig zunächst durch Eisenbahnattentate und dann durch Raubüberfälle und Raubmorde in Angst und Schrecken versetzt. Opitz wurde im Juni 1937 zum Tode verurteilt und am 12. Oktober 1937 hingerichtet.