Braunschweig will bis 2030 klimaneutral werden - Verwaltung prüft Schritte

Dafür müsse der Energiebedarf in Braunschweig um die Hälfte sinken. Die Zahl der Photovoltaikanlagen müsse mindestens verdreifacht werden.

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(Archivbild) | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Mit der Fortschreibung ihres integrierten Klimaschutzkonzeptes setzt sich die Stadt Braunschweig ambitionierte Ziele. Der Rat fasste in seiner letzten Sitzung einen Richtungsbeschluss, der 20 vordringliche Maßnahmen enthält, welche die Treibhausgasemissionen deutlich reduzieren sollen, um so die gesteckten Klimaziele erreichen zu können. Die Ratsgremien hatten im Laufe der Debatte um den von der Verwaltung vorgelegten Entwurf diese Ziele noch einmal ambitionierter gefasst: Die Treibhausgasneutralität soll nicht erst bis 2045, sondern möglichst schon 2030 in Braunschweig erreicht werden. Hierüber berichtet die Stadt Braunschweig in einer Pressemitteilung.


Auf der Basis des Richtungsbeschlusses wird nun die finale Fassung des Klimaschutzkonzepts 2.0 erarbeitet, das Details zu den Maßnahmen sowie deren finanzielle und organisatorische Voraussetzungen definiert. Abschließend entscheidet wiederum der Rat. Um die konzeptionelle Arbeit aufzunehmen und die schnelle Umsetzung der Maßnahmen vorzubereiten, sind mit dem heutigen Beschluss bereits erste Entscheidungen für 3,5 neue Stellen im Fachbereich Umwelt getroffen worden.


"Großer Schritt nach vorn"


Oberbürgermeister Ulrich Markurth begrüßte die Entscheidung als einen "großen Schritt nach vorn für den Klimaschutz. Wir werden unseren Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen und dem 1,5-Grad-Ziel leisten." Die Verwaltung habe jetzt klare Vorgaben und einen Fahrplan an der Hand, welche Maßnahmen angepackt werden sollen, um möglichst schnell zu spürbaren Ergebnissen zu kommen." Braunschweig hebe sich jetzt von den Vorgaben des Bundes ab, der Treibhausneutralität erst ab 2045 vorsehe. "Ich finde es gut, dass die Politik noch einmal eine Schippe draufgelegt hat. Das, was getan werden kann, um möglichst schnell Treibhausgasneutralität zu erreichen, werden wir tun." Markurth hob hervor, dass die Stadt Braunschweig sich für die EU-Mission "100 klimaneutrale Städte bis 2030" bewerben wird.


BS Energy steigt aus der Kohle aus


Mit dem Kohleausstieg von BS Energy werde eine wichtige Wegmarke geschafft. "Doch es gilt nun, in den nächsten neun Jahren noch deutlich mehr Treibhausgase zu reduzieren. Das ist eine große Herausforderung, und sie wird auch Geld kosten." Es wird für uns als Kommune sehr stark darum gehen, Anreize auf dem privaten Markt zu setzen und noch stärker für ein gesellschaftliches Umdenken zu werben." Nur so werde eine stadtweite Umsteuerung gelingen. Der Richtungsbeschluss sehe vor, das Thema Klimaschutz organisatorisch, finanziell und personell zu stärken. Die Stadtverwaltung werde eine noch stärkere Steuerungsrolle einnehmen.

Energiebedarf muss um die Hälfte sinken


In der Kalkulation der Verwaltung kommt dem Thema Energieversorgung die größte Rolle zu, etwa 60 Prozent der Leistung im Gesamtmaßnahmenpaket. Die Vorgabe der Treibhausgasneutralität möglichst bis 2030 bedeutet, dass der Endenergiebedarf (Wärme, Strom, Treibstoffe) bis zu diesem Zeitpunkt um rund die Hälfte sinken muss. Dies soll maßgeblich durch die kommunale Energiewende im Bereich Wärme und Strom auf Basis erneuerbarer Energien erreicht werden. Neben einem massiven Ausbau von Photovoltaik soll ergänzend zum Kohleausstieg 2022 auch der Ausstieg aus dem Erdgas beginnen. Dafür müssen die dezentralen Feuerstätten (Gas- und Ölheizungen) sowie die Fernwärmeerzeugung schnellstmöglich auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden, wie etwa auf Wärmepumpen, andere Umweltwärme oder Power-to-Gas-Techniken wie Biomethan oder grünen Wasserstoff.

Zahl der Solaranlagen muss sich verdreifachen


Die Verwaltung geht davon aus, dass sich die bisher installierten Kapazitäten bei der Photovoltaik allein alle fünf Jahre verdreifachen müssen und gesamtstädtische Investitionen von 25 Millionen Euro jährlich dafür nötig werden. Da dem auch Einnahmen entgegenstehen werden, ist die Gründung einer Energieerzeugungsgesellschaft angestrebt. Zu einer ebenfalls vorgesehen Klimaschutzanleihe gibt es bereits politische Beschlüsse.

Klimagerechtes Wohnen


Weitere Maßnahmen betreffen das Thema Wohnen. So sollen Anreize für die energetische Sanierung im Bestand geschaffen werden. Dies soll durch energetische Quartierskonzepte im Verbund mit passenden Beratungsformaten und einem leistungsfähigen Handwerk geschehen. Im Neubau sollen Grundsätze zur treibhausgasneutralen Energieversorgung und Gebäudeenergiestandards einen Rahmen schaffen, der auch im engen Dialog zu den ansässigen Firmen auf die Wirtschaftssektoren übertragen werden soll. Auch die klimagerechte Baulandentwicklung ist eine Maßnahme.

Im Verkehrssektor soll der Bedarf an fossilen Treibstoffen im Stadtgebiet um mindestens drei Viertel gesenkt werden. Dafür muss der motorisierte Individualverkehr insgesamt reduziert, auf den Umweltverbund und den Zweiradverkehr verlagert sowie elektrifiziert werden.

Weitere Maßnahmen wie die Einrichtung eines Nachhaltigkeitszentrums betreffen die Reduzierung konsumbedingter Emissionen, die – zwar hier induziert – aber andernorts entstehen. Weiterhin wird die Entwicklung von klimafreundlichen Gewerbegebieten vorgesehen sowie die Begründung einer Allianz "Jobmotor Energiewende".

Verwaltung prüft Erfordernisse


Die Verwaltung prüft nun, welche Ressourcen erforderlich sind, um die Treibhausgasneutralität möglichst schon 2030 zu erreichen und die Klimaschutzmaßnahmen mittel- und langfristig auch im eigenen Wirkungsbereich umsetzen zu können. Dazu zählt unter anderem, dass auch die Verwaltung und die städtischen Tochtergesellschaften nach dem Willen des Rates bis 2030 treibhausgasneutral werden sollen. Schwerpunkte hierbei liegen auf der energetischen Sanierung eigener Gebäude und der Mobilität der Verwaltung.

Für die prioritären und weiteren Maßnahmen werden nun im Rahmen der weiteren Erarbeitung des Konzepts detaillierte Maßnahmenblätter erstellt und ein Gesamtbericht angefertigt. Der finale Beschluss des integrierten Klimaschutzkonzepts 2.0 wird also noch einige Monate in Anspruch nehmen.


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