Niedersachsen. Im Jahr 2022 sind in Niedersachsen 370 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das waren 18 Menschen oder über fünf Prozent mehr als 2021. Damit weist die Zahl der Verkehrstoten wie schon im Jahr 2020 den zweitniedrigsten Stand seit Beginn der Statistik vor mehr als 60 Jahren aus. Dies geht aus der aktuellen Unfallstatistik hervor, die das Niedersächsische Innenministerium am heutigen Montag vorgestellt hat.
Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, sagte zu den vorgelegten Zahlen: „Der Straßenverkehr war im vergangenen Jahr im Gegensatz zu den Jahren 2020 und 2021 durch die Corona-Pandemie nur noch wenig beeinflusst. So gab es wieder mehr Verkehr und auch entsprechend mehr Unfälle. Trotz Steigerungen bei den Verletzten und tödlich Verunglückten liegt deren Zahl immer noch unter den Ergebnissen von 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie. Aber mit 370 tödlich Verunglückten sind es immer noch zu viele Menschen, die ihr Leben verloren haben. Die Vision Zero, also eine Welt ohne Verunglückte und Verkehrsunfälle auf unseren Straßen, bleibt weiterhin im Fokus der gemeinsamen Arbeit mit unseren Partnern. "
Die Unfalluhr 2022 in Niedersachsen
- alle 3 Minuten nahm die Polizei einen Verkehrsunfall auf
- alle 3 Stunden endete ein Verkehrsunfall an einem Baum
- alle 13 Minuten verunglückte eine Person im Straßenverkehr
- alle 3 Stunden war ein verunglückter Motorradfahrender darunter
- alle 80 Minuten eine Person im Alter zwischen 18 und 24 Jahren
- alle 93 Minuten verunglückte ein älterer Mensch ab 65 Jahren
- alle 36 Minuten kam ein Fahrrad Fahrender zu Schaden
- alle 3 Stunden verunglückte ein Pedelec-Fahrender
- alle 4 Stunden war die Gesundheit von zu Fuß Gehenden betroffen
- alle 2,5 Stunden verursachte ein fahruntüchtiger Fahrender einen Unfall
- jeden Tag kam ein Mensch im Straßenverkehr ums Leben
Gesamtunfallzahlen
Die Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr bei der Gesamtzahl der polizeilich registrierten Verkehrsunfälle eine Zunahme um 4,1 Prozent auf insgesamt 199.982 Unfälle. Das sind 7.967 Unfälle mehr als 2021. Wie die Zahl der Verkehrstoten ist auch die der Schwerverletzten gestiegen. 2022 gab es 5.608 Schwerverletzte (2021: 5.197). Darüber hinaus stieg die Zahl der Leichtverletzten von 30.141 auf 34.160 (+13,3 Prozent)
Unfallursachen
Zu hohe Geschwindigkeit war auch 2022 die Hauptursache für Verkehrsunfälle mit Todesopfern. Außerdem waren wiederum Vorfahrtsmissachtung, Fehler beim Überholen und Abbiegen sowie zu geringer Abstand zwischen den Fahrzeugen maßgebliche Gründe für Unfälle.
Risikogruppen
2022 starben 13 Kinder im Alter von wenigen Monaten bis 14 Jahren bei Verkehrsunfällen und somit acht Kinder mehr in dieser Altersgruppe als 2021. Auch in der Gruppe der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren kamen im letzten Jahr mehr Personen ums Leben als noch im Vorjahr. Hier stieg die Anzahl der Todesopfer von 42 im Jahr 2021 auf 64. Von den tödlich verunglückten jungen Erwachsenen haben 33 Personen einen Pkw, zwei Person einen Lkw und zehn Personen ein motorisiertes Zweirad genutzt.
In der Altersgruppe der Seniorinnen und Senioren (ab 65 Jahren) gab es 115 Todesopfer, das sind vier Personen mehr als 2021. Damit ist der Anteil dieser Personengruppe an den Verkehrstoten rund 31 Prozent in Relation zu einem Bevölkerungsanteil von etwas mehr als 22 Prozent überrepräsentiert. 2022 waren ähnlich wie im Vorjahr rund 42 Prozent der Todesopfer aus dieser Altersgruppe als Fahrende oder Mitfahrende in einem Pkw unterwegs. Erneut starb fast die Hälfte als sogenannte „ungeschützte Verkehrsteilnehmende" - sie waren also zu Fuß oder mit dem Fahrrad bzw. Pedelec unterwegs.
Weitere Unfallbereiche
In der Gruppe der tödlich verunglückten zu Fuß Gehenden sind im Jahr 2022 40 Todesopfer zu verzeichnen. Davon waren 21 Personen im Alter von 65 Jahren und älter und vier im Kindesalter, also 14 Jahre und jünger.
Die Anzahl der tödlich verunglückten motorisierten Zweiradfahrenden ist im Jahr 2022 mit einem Minus von fast 23 Prozent deutlich gesunken. Hier nahm die Zahl von 75 im Jahr 2021 auf 58 im vergangenen Jahr ab.
Tödlicher Radverkehr
In Niedersachsen sind 2022 mit insgesamt 58 Personen rund 26 Prozent mehr Fahrrad Fahrende tödlich verunglückt als im Jahr zuvor (2021: 46). 29 von ihnen nutzten ihr Pedelec, als es zu einem tödlichen Unfall kam. Insgesamt waren von den 58 Radfahrenden 34 im Alter von 65 Jahren und älter.
Ministerin Behrens: „Landauf-landab können wir uns über mehr Radverkehr auf unseren Straßen freuen. Dabei dürfen wir jedoch nicht die Verkehrssicherheit außer Acht lassen. Wir werden dieses Thema auch in diesem Jahr weiter im Blick haben. Schließlich steht der Start der Fahrradsaison unmittelbar bevor und daraus folgt, frühzeitig über die Gefahren des Radfahrens aufzuklären und erneut für ein Mehr von gegenseitiger Rücksichtnahme hinzuweisen. Gerade bei Fahrrad und Pedelec-Unfällen gilt: Insbesondere die Gruppe der Menschen über 75 Jahre ist stark gefährdet und sollte im Straßenverkehr besonders vorsichtig und achtsam sein. Und natürlich sollten auch im Gegenzug andere Verkehrsteilnehmende den Älteren gegenüber mehr Rücksicht und Aufmerksamkeit widmen."
Baumunfälle und Landstraßen
Auch 2022 haben sich rund zwei Drittel der tödlichen Verkehrsunfälle (insgesamt 228) auf Landstraßen ereignet. Die Anzahl der sogenannten Baumunfälle ist in Niedersachsen im vergangenen Jahr um rund ein Prozent auf 3.021 Unfälle gesunken (2021: 3.054). Dabei ist die Zahl der bei Baumunfällen tödlich verunglückten Personen leicht gestiegen, von 96 im Jahr 2021 auf 97. Ebenso nahm die Zahl der bei Baumunfällen schwer verletzten Personen zu. So gab es 789 Schwerverletzte in 2022 und damit 113 mehr als im Vorjahr. Dagegen nahm die Zahl der Leichtverletzten von 1.368 auf 1.309 ab (-4 Prozent).
Fahrtüchtigkeit im Straßenverkehr
Im Jahr 2022 ist die Zahl der aufgrund einer Beeinflussung durch Alkohol oder andere berauschende Mittel im Straßenverkehr tödlich verunglückten Personen im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben (22 Personen). Dagegen nahm die Gesamtzahl der von der Polizei registrierten Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol oder sonstige berauschende Mittel eine maßgebliche Rolle spielten, zu. Hier verzeichnete die Polizei ein Plus um 16,6 Prozent auf 4.355 Verkehrsunfälle (+611 Unfälle). Die Anzahl der folgenlosen Zuwiderhandlungen gegen die gesetzlichen Vorschriften im Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeuges unter Beeinflussung durch Alkohol oder anderer berauschender Mittel nahm im vergangenen Jahr um 8,5 % ab, insgesamt jedoch wurden noch immer 17.776 Anzeigen gefertigt.
E-Scooter in Niedersachsen
Im Jahr 2022 hat die Polizei Niedersachsen landesweit 999 Verkehrsunfälle unter Beteiligung von E-Scooter-Nutzenden registriert. Dabei verunglückten 623 Personen leicht (259 mehr als 2021) und 99 schwer (plus 35 Personen zum Vorjahr). In einem Fall verunglückte eine 20-jährige E-Scooter-Fahrende tödlich, als ein Lkw-Fahrer die junge Frau beim Befahren eines Kreisverkehrs übersah. Bei 155 Verkehrsunfällen waren die E-Scooter-Nutzenden durch Alkohol oder andere Mittel beeinflusst. „Wer unter dem Einfluss von Alkohol-, Drogen- oder auch Medikamenten steht, hat im Straßenverkehr nichts zu suchen. Daran ändert auch die vom Bund angekündigte Liberalisierung beim Besitz von Cannabis nichts. Sich betrunken oder im Drogenrausch hinters Steuer zu setzen, ist und bleibt lebensgefährlich - für sich selbst und andere", betonte die Ministerin.
Rücksicht im Straßenverkehr soll gesteigert werden
"Die Beobachtungen im niedersächsischen Straßenverkehr - auch anlässlich der diesjährigen Statistikvorstellung - legen nahe, dass Unfälle nicht einfach passieren, sondern verursacht werden", heißt es in der offiziellen Pressemitteilung aus dem Ministerium. Es gebe viele wirksame Ansätze zur Unfallvermeidung, die sich mit technischen und baulichen Aspekten befassen, eine maßgebliche Rolle spiele aber vor allem das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden. In der Überzeugung, dass gegenseitige Akzeptanz und Achtsamkeit das Miteinander auch im Straßenverkehr zum Positiven beeinflussen können, liegt der Schwerpunkt der Verkehrssicherheitsarbeit der niedersächsischen Polizei in diesem Jahr auf dem Thema „Rücksicht im Straßenverkehr". Hierzu wird es demnächst eine umfassende bundesweite Kampagne unter maßgeblicher Mitwirkung und Beteiligung Niedersachsens geben.
Ministerin Behrens dazu: „Mit Aufmerksamkeit, Vorsicht, Respekt und Wertschätzung lässt es sich viel sicherer im Straßenverkehr vorankommen. Dies zu vermitteln wird ein wichtiger Fokus der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Niedersachsen in diesem Jahr sein."
Polizei schreitet ein
Die Polizei wird in diesem Jahr ihre Präventionsarbeit und Kontrollen hierzu intensivieren. Dabei stehen jegliche Formen der Verkehrsteilnahme und alle Altersgruppen im Fokus. Egal ob jung oder alt, Fahrende von Pkw, Lkw und Bussen, auch die Motorrad- und Fahrradfahrenden und schlussendlich auch die Nutzenden von E-Scootern und zu Fuß Gehende stehen dabei im Blickpunkt. Die Polizei Niedersachsen wird darüber hinaus die Hauptunfallursachen Geschwindigkeit, mangelnder Abstand, Ablenkung sowie mangelnde Fahrtüchtigkeit weiter eng im Blick behalten.
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