Wolfenbüttel: Koordinationsübergabe in der Notfallseelsorge des Landkreises

von Romy Marschall


| Foto: Romy Marschall



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Amtsübergabe: alter und neuer Koordinator der Notfallseelsorge nehmen es mit Humor, v.l. Markus Galonska und Frank Ahlgrim Foto:



Am Freitag übergab Gemeindereferent Markus Galonska das zentrale Koordinationshandy des Notfallseelsorge-Teams (NFS) des Landkreises an Pfarrer Frank Ahlgrim aus Werlaburgdorf. Bei etwa 30-40 Einsätzen jährlich wird parallel zur Alarmierung von Rettungsdienst und Feuerwehr auch die ehrenamtliche NFS von der Rettungsleitstelle informiert. Dabei wird der eingehende Anruf vom Koordinationshandy direkt an den diensthabenden Seelsorger umgeleitet, um eine schnelle Hilfe vor Ort zu gewährleisten.


Die Notfallseelsorger werden hinzugerufen bei schweren Unfällen, im Rahmen von Suiziden und generell in Großschadenslagen wie Evakuierungen oder Flugunfällen. Für Betroffene, Augenzeugen und Einsatzkräfte gibt es Gesprächsbedarf in derartigen Notsituationen. Auch bei der Überbringung von Todesnachrichten unterstütze man. Bei der Notfallseelsorge handle es sich aber um Akutmaßnahmen, das heißt einmalige Betreuung vor Ort. "Durchschnittlich dauert so ein Einsatz etwa drei Stunden," erklären die Seelsorger. Manchmal sei es notwendig zusätzliche Unterstützung anzufordern, wie etwa im Falle der Gruppenschlägerei am Stadtgraben, bei der ein Junge verstorben ist.

Markus Galonska ist Gemeindereferent der katholischen St. Petrus-Gemeinde und seit 2000 ausgebildeter Notfallseelsorger. Er koordinierte seit 2003 das NFS-Team des Landkreises Wolfenbüttel. Gegründet wurde die Notfallhilfe in den 1990er Jahren von den Pfarrern Dieter Adam und Eckhard von Tomaszewski. Das schwere Zugunglück im nahegelegenen Eschede 1998 rüttelte Galonska wach, "die evangelische Kirche ist da viel besser aufgestellt als wir." Künftig arbeitete man zu dritt im monatlichen Wechsel.

Ein wichtiges Anliegen war und ist dem Gemeindereferenten die Ausbildung. Der Erfolg eines inzwischen rund zehnköpfigen NFS-Teams gibt ihm Recht. Gemeinsam mit Frank Ahlgrim und Johannes Dose, dem Pfarrer der Martin-Luther-Gemeinde entwickelte er ein Ausbildungsmodul, wo unter anderem richtiges Verhalten an der Unfallstelle und die Eingliederung in die Rettungskette geübt werde. "Normalerweise sind wir auch nicht für die Überbringung von Todesnachrichten ausgebildet," erklärt der bisherige Koordinator.

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Ein etwas betagtes, aber funktionstüchtiges Mobiltelefon mit Originalverpackung zum Schmunzeln Foto:



Genauso wichtig wie die vorbereitende Ausbildung sei aber eine professionelle Nachbereitung des Erlebten, die unter Leitung von Krankenhauspfarrer Volkmar Schmuck stattfinde. Einmal im Quartal treffen die Notfallseelsorger zusammen zur gemeinsamen Supervision und Terminabsprache. "Man lernt an jedem Fall, den ein anderer schildert," erklärt Schmuck das Prinzip der Supervision, "das darüber reden macht wieder frei." Dabei darf auch mal gelacht werden, wie beispielsweise über die Ironie der originalen Handyverpackung, die nun mit Pfarrer Ahlgrim in dritte Hände kommt. Der größte Streßfaktor an der Notfallseelsorge sei die permanente Bereitschaft, macht Pfarrer Johannes Dose deutlich.

Auf Galonskas Engagement geht die heutige moderne Vernetzung mit der Rettungsleitstelle und dem NFS-Team aus Salzgitter zurück, aber auch der Kontakt mit Seelsorgern anderer Kulturen. "Er hat die NFS professionalisiert und ganz maßgeblich den Dienst mitgetragen," unterstreicht Volkmar Schmuck. Man schaue etwas sorgenvoll in die Zukunft, ob auch künftig die 365 Tage im Jahr abgedeckt werden können, fährt er fort. Hintergrund für die Abgabe der Koordination ist die geplante Versetzung des derzeitigen Gemeindereferenten Galonska im kommenden Jahr.

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Die Notfallretter der Seele: v.l. Dorothea Hahn-Pietrzynski, Martin Granse, Sibylle Solvie, Matthias Eggers, Markus Galonska, Annette Sieg, Volkmar Schmuck, Frank Ahlgrim und Johannes Dose Foto: Romy Marschall



Besetzt ist die Notfallseelsorge in halbwöchigen Schichten von Pfarrern der Region und dem Kriseninterventionsteam (KIT) des DRK. Alle arbeiten ehrenamtlich bei der NFS und sind beruflich gebunden. "Wir werden dafür nicht freigestellt von unserer Arbeit, wenn ich gerade eine Beerdigung habe, dann habe ich ein Problem. Da kann ich nicht einfach weg," skizziert Altenseelsorgerin Dorothea Hahn-Pietrzynski die Schwierigkeit. Vor allem am Wochenende und Feiertagen springe dann oftmals das KIT ein, erklärt dessen Leiterin Sibylle Solvie. Seit 2008 gebe es die Kooperation mit der NFS, derzeit arbeiten acht Ehrenamtliche im Zweierteam regelmäßig am ersten Wochenende im Monat in der Notfallseelsorge. Das Kriseninterventionsteam sei ansonsten für Großschadenslagen zuständig, wohingegen "die Pastoren aber meistens Einzelkämpfer sind," betont Solvie den persönlichen Einsatz ihrer Kollegen.

Gemeindereferent Galonska hatte an der Ausbildung des Wolfenbütteler Kriseninterventionsteams mitgewirkt und kümmerte sich mit Volkmar Schmuck und Pfarrerin Annette Sieg um den Ausbau der Einsatznachsorge bei den Feuerwehren, vor allem auch über Peers. "Wir haben schon viel erreicht, wenn sie einen Blick haben auf ihre Kameraden und merken, das es nicht gut läuft. Und dann noch wissen, wo sie sich Hilfe holen können," schildert Schmuck den Stand der Dinge. Nach seiner Versetzung bleibt Galonska weiterhin Ansprechpartner für die Einsatznachsorge für Feuerwehr, Katastrophen- und Rettungsdienst.


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