Strafen bei blockierter Rettungsgasse? Das sagt die Politik

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Nach Unfällen zählt für Opfer und Retter jede Minute. Kommt dann die Hilfe auf der Autobahn nicht durch, ist es doppelt tragisch.
Foto: Archiv/Thorsten Raedlein
Nach Unfällen zählt für Opfer und Retter jede Minute. Kommt dann die Hilfe auf der Autobahn nicht durch, ist es doppelt tragisch. Foto: Archiv/Thorsten Raedlein

Berlin. Nach dem schweren Busunfall auf der A9 hat die Diskussion um härtere Strafen für das Nichtbilden einer Rettungsgasse neuen Schub bekommen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius bringt am heutigen Freitag einen Plenarantrag in den Bundesrat ein, in dem Strafen von 200 bis zu 500 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat gefordert werden.


regionalHeute.de fragte bei den Bundestags- und Landtagsabgeordneten aus der Region Wolfsburg/Gifhorn/Helmstedt nach, wie sie die Sachlage bewerten.

Ingrid Pahlmann, CDU-Bundestagsabgeordnete für Gifhorn schreibt:
"Nicht erst seit dem schrecklichen Unfall vom Montag wird über das richtige Bilden von Rettungsgassen und notwendige Sanktionen, wenn dies nicht geschieht, debattiert. Daher wurde bereits im Dezember 2016 die Straßenverkehrsordnung geändert, um eine Vereinfachung zur Bildung der Rettungsgasse einzuführen. In meinen Augen ist es wichtig, ein Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen. Strafen allein sind dafür nicht der Schüssel, wir müssen unser aller Köpfe erreichen.

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Ingrid Pahlmann, Foto: CDU



Nichtsdestotrotz halte ich es für richtig, die Strafen deutlich zu erhöhen. Bundesverkehrsminister Dobrindt hat bereits eine Änderung der Rechtsverordnung vorgeschlagen, um die Strafen differenziert anzupassen. Konkret sieht der Vorschlag des Bundesverkehrsministers eine Erhöhung der Strafe auf 200 Euro und die Eintragung zweier Punkte in das Flensburger Register vor. Sollte darüber hinaus durch die nicht vorhandene Rettungsgasse beispielsweise ein Rettungsfahrzeug blockiert werden, steigt die vorgesehene Strafe auf 240 Euro, zusätzlich werden auch dann die zwei Punkte eingetragen und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Die Geldstrafe kann auf bis zu 320 Euro steigen.

Ich halte wenig davon, in einen Überbietungswettbewerb zur Höhe der Strafen einzusteigen, auch nicht in der letzten Sitzung des Bundesrates vor dem Bundestagswahlkampf. Nicht außer Acht zu lassen ist auch, dass das Strafgesetzbuch für die Behinderung von Personen, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten wollen, seit Mai dieses Jahres Strafen bis zu einer Freiheitsstrafe vorsieht. Grundsätzlich muss uns allen klar sein, dass das nicht ordnungsgemäße Bilden einer Rettungsgasse Menschenleben kosten kann."

Günter Lach, CDU-Bundestagsabgeordneter für Helmstedt, Wolfsburg, Brome und das Boldecker Land meint:

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Günter Lach. Foto: www.guenter-lach.de


„Rettungsgassen können Leben retten. Leider kann man immer wieder auf Autobahnen sehen, dass Autofahrer diese wichtige Verhaltensregel nicht befolgen und die Arbeit der Rettungskräfte damit schwer behindern. Empfindliche Geldstrafen können eine abschreckende Wirkung haben und daran erinnern, dass es auf jede Minute ankommt. Daher halte ich den Vorstoß des Bundesverkehrsministers, Rettungsgassen-Blockierer strenger zu bestrafen, für richtig. Wer absichtlich die Rettungsgasse blockiert und Rettungskräfte am Einsatz hindert, kann sogar mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden. Der Vorschlag des Landes Niedersachsens ist somit nicht notwendig.“

Pia Zimmermann, Bundestagsabgeordnete der Linken aus Wolfsburg, verweist auf den verkehrspolitischen Sprecher ihrer Fraktion, Hebert Behrens. Dieser schreibt:

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Pia Zimmermann. Foto: privat


„Dass die Strafen bisher nicht abschreckend sind, ist völlig klar. Von einem Überbietungswettbewerb bei den Forderungen, wie ihn Herr Pistorius gestartet hat, halte ich jedoch wenig. Dadurch gerät völlig aus dem Blick, dass es zuerst darum gehen muss, schwere Unfälle zu vermeiden. Die bereits vorgeschlagene Verpflichtung, Notfallbremssysteme immer aktiviert zu haben, geht schon mal in die richtige Richtung. Darüber hinaus müssen deutlich mehr Stichproben bei Lkw und Bussen hinsichtlich ihres technischen Zustandes und der Ladung durchgeführt werden. Schrottreife Fahrzeuge haben auf den Straßen schlicht nichts zu suchen. Vor allem aber müssen wir dringend über die Arbeitsbedingungen in der Logistik- und Tourismusbranche reden, denn die derzeitigen Regelungen schützen nicht effektiv vor Übermüdung und extremem Stress. Wer nur höhere Strafen fordert, hat das Problem in seiner Breite offensichtlich nicht erkannt.“

Die SPD-Landtagsabgeordnete Immacolata Glosemeyer (Wolfsburg/Gifhorn Nord) schreibt:

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Immacolata Glosemeyer. Foto: SPD


"Die Höhe der Bußgelder und damit die abschreckende Wirkung sind für Delikte wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsverstöße oder eben das Nichtbilden einer Rettungsgasse unzureichend. Gerade der schwere Busunfall auf der A4 führt uns die Notwendigkeit vor Augen, hier durchzugreifen. Mir wurde in letzter Zeit oft von Rettungskräften berichtet, wie sich die Situation für sie häufig darstellt. Sich bewusst zu sein, dass jede einzelne Minute Leben retten kann und dann beim Erreichen der Unfallstelle behindert zu werden oder vor Ort durch „Gaffer“ eingeschränkt zu werden ist unerträglich. Deshalb unterstütze ich die Initiative unseres Innenministers und der Landesregierung."

Weitere Bundes- und Landtagsabgeordnete wurden angefragt und werden ergänzt, sobald die Antworten vorliegen.


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