Video

Tödlicher Unfall: Augenzeuge des schrecklichen Infernos hat eine Botschaft

Ein Peiner machte mit seiner Lebensgefährtin einen Pfingstausflug an die See. Was er auf dem Rückweg erlebte, wird ihn wohl noch lange begleiten.

von


Der Ersthelfer hielt mit seinem Handy fest, was er am Unfallort sah. Ein Auto war nicht zu erkennen, solange die Flammen loderten. | Foto: aktuell24/Maik Schöning / Video: aktuell24

Lüchow-Dannenberg. "Warum hat keiner vorher gehalten?", das ist die Frage, die sich der Peiner Maik Schöning immer wieder stellt. Schöning kam als Ersthelfer zu einem Verkehrsunfall, doch wurde dann hilfloser Augenzeuge eines schrecklichen Infernos, das zwei Menschen das Leben kostete. Auch der Hund der Familie, der den Flammen entkommen konnte, starb später in medizinischer Obhut. Maik Schöning berichtet im Interview mit regionalHeute.de über seine Erlebnisse, wie keiner vor ihm half und dass es einfach Situationen gibt, in denen man nichts mehr tun kann.


Der Unfall ereignete sich am vergangenen Montag auf der B191 zwischen Pudripp und Dannenberg. Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei sei der 70-jährige Fahrer mit seinem Ford und dem angehängten Wohnwagen aus bisher ungeklärter Ursache nach links von der Fahrbahn abgekommen und mit einem Baum kollidiert. Das Gespann fing sofort Feuer und brannte vollständig aus. Der 70-jährige Fahrer und seine 77-jährige Beifahrerin starben in ihren Autos und verbrannten bis zur Unkenntlichkeit, weshalb die Identität der beiden Opfer abschließend mit einem DNA-Test festgestellt werden soll. Es handelte sich wohl um ein Paar aus dem Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern.

Das ausgebrannte Autowrack war begraben unter den Trümmern des brennenden Wohnwagens. Die Feuerwehr entfernte das Dach, um die Leichen der beiden Insassen zu bergen.
Das ausgebrannte Autowrack war begraben unter den Trümmern des brennenden Wohnwagens. Die Feuerwehr entfernte das Dach, um die Leichen der beiden Insassen zu bergen. Foto: aktuell24



Als die Feuerwehr am Unfallort eintraf, war das Gespann bereits vollständig unter Rauch und Flammen verschwunden. "Das Gefährliche bei einem brennenden Wohnwagen ist, dass wir nicht wissen, ob sich Gasflaschen in diesem befinden. Das war natürlich hier der Fall. Wir haben zwei zwölf Kilogramm schwere Gasflaschen gefunden, die von uns gekühlt werden mussten und haben sie aus dem Fahrzeug holen können, sodass keine Gefahr mehr bestand", berichtet Stefan Schmidt von der Feuerwehr Dannenberg.

Nichts als Feuer und Rauch


Maik Schöning war mit seiner Lebensgefährtin an der See, um das sonnige Pfingstwochenende zu genießen und befand sich auf Heimfahrt nach Peine. Nach einer kurzen Verschnaufpause setzten sie ihre Fahrt gegen 16 Uhr fort. "Wir sind durch ein Waldstück gefahren, dann kam eine Allee und plötzlich haben wir Qualm gesehen", berichtet Schöning. "Wir dachten erst, es wäre ein Traktor, der übers Feld fährt." Als dann auch schwarzer Qualm zu sehen war, habe es zunächst ausgesehen, als habe Sperrmüll am Straßenrand gebrannt. Erst bei näherem Hinsehen sei das Wrack überhaupt als Wohnwagen zu erkennen gewesen. Schöning und seine Lebensgefährtin setzten sich vor das brennende Ungetüm und wählten den Notruf, ein Motorradfahrer und ein weiteres Fahrzeug hielten ebenfalls.

"Die Flamme, die da rauskam, war riesig, dann gab es Explosionen und das Feuer hat sich sehr stark ausgebreitet."

- Maik Schöning, Ersthelfer



"Der Motorradfahrer versuchte als erstes, näher heranzukommen. Aber er konnte nichts sehen. Das Fahrzeug vor dem Wohnwagen war nicht zu erkennen." In der Tat war es unter dem brennenden Dach des Campers begraben, welches sich durch den Aufprall über das Zugfahrzeug schob. "Die Flamme die da rauskam war riesig, dann gab es Explosionen und das Feuer hat sich sehr stark ausgebreitet", schildert Schöning die folgenden Ereignisse.

Das sahen die Augenzeugen - Nichts als Flammen und Schutt
Das sahen die Augenzeugen - Nichts als Flammen und Schutt Foto: Maik Schöning



Die Hitzeentwicklung sei so stark gewesen, dass die Ersthelfer sich zurückzogen und hilflos mit ansehen mussten, wie das Feuer sein zerstörerisches Treiben ungehindert fortsetzte. "Die Hitze war enorm. Man hat nichts gesehen, einfach nur die starke Rauchentwicklung, die Flammen sind hochgeschossen, ein Baum hat angefangen zu brennen, man musste den Abstand vergrößern und hat sich um diesen Hund gekümmert, der da so planlos rumläuft."

"Man stellt sich die Frage: 'Warum hat man keinen Feuerlöscher'? Und während man sich diese Frage stellt, merkt man, dass man nichts tun kann. Man ist hilflos."

- Maik Schöning, Ersthelfer



Bei all dem Chaos gelang es den Ersthelfern, die Ruhe zu bewahren. Auch wenn Schöning feststellen muss: "Ich denke, das wäre anders gewesen, wenn man das Auto gesehen hätte. Man stellt sich die Frage: 'Warum hat man keinen Feuerlöscher'? Und während man sich diese Frage stellt, merkt man, dass man nichts tun kann. Man ist hilflos."

"Warum hat keiner gehalten?"


Erst als die Feuerwehr die Flammen bekämpfte sei das Auto zum Vorschein gekommen. "Vorher war nichts zu hören, nichts zu sehen", erzählt Schöning im Hinblick auf die Tatsache, dass niemandem zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass auch Menschenleben ein Raub der wütenden Feuersbrunst wurden. Man kann sich vorstellen, welche gedrückte Stimmung herrschte, als das Peiner Paar seine Fahrt Richtung Heimat fortsetzte. "Warum hat keiner gehalten? Das war die Frage, die wir uns im Nachgang gestellt haben. Wir waren zu spät. Es war nichts mehr zu machen", diese Frage stellte sich das Paar auch aufgrund des regen Verkehrs auf der Weiterfahrt: "Das hat uns gestern beschäftigt."

Die bohrende Frage nach dem Warum blieb unbeantwortet. Schöning erklärt, dass er auf der Rückfahrt noch vorsichtiger gefahren sei als sonst. Im Gegensatz zu allen anderen: "Die Leute haben einen Unfall gesehen, sind an dieser Unfallstelle vorbeigefahren und wussten, dass da was ist und trotzdem hat sich gestern die Fahrweise überhaupt nicht verändert", so die Beobachtungen des Augenzeugen. "Das war der Punkt, wo wir uns gesagt haben: 'irgendwas scheint da nicht richtig zu laufen'."

Appell eines Ersthelfers


Dass Menschen im Fahrzeug starben, sei ihnen erst am nächsten Tage durch einen Zeitungsbericht richtig bewusst geworden. "Da fängt man halt zu grübeln an", bemerkt der Ersthelfer und erklärt: "Auf eine Art war es vielleicht nicht schlecht, dass wir erst so spät da waren. Hätten wir dabei gestanden und wären am Versuch gescheitert, wäre es vielleicht noch schlimmer gewesen." Das Geschehene ist noch nicht lange her, das Erlebte kaum verarbeitet. Doch eines könne man laut Schöning aus der Sache mitnehmen: "Man kann es nicht so eilig haben, dass man nicht stoppen kann. Wir wissen alle nicht, wie dieser Unfall passiert ist. Das weiß bis dato keiner. Ich nehme für mich persönlich mit, dass ich in Zukunft einen Feuerlöscher im Auto habe."

Anders als in Ländern wie beispielsweise Griechenland, Island, Lettland, Litauen und Serbien ist das Mitführen eines Feuerlöschers in normalen Autos keine Pflicht. Bei uns reichen Warnweste, Warndreieck und Verbandskasten aus. Dabei sind kompakte Feuerlöscher kostengünstig im Einzelhandel erhältlich und können im Fall der Fälle leben retten.

Wäre dieses Bild zu verhindern gewesen?
Wäre dieses Bild zu verhindern gewesen? Foto: aktuell24



Schöning appelliert abschließend an alle Autofahrer: "Uns ist nicht klar, wie immer noch Leute an sowas vorbeifahren können. Man kann nichts falsch machen. Das einzige, was man falsch machen kann, ist vorbeizufahren. Wenn man anhält und hilft, oder es zumindest versucht ist das immer der richtige Schritt. Vielleicht hätte man es verhindern können."

Psychische Belastung für die Feuerwehr


Der Feuerwehr wurde am Unfallort die schreckliche Aufgabe zuteil, die verbrannten Leichen aus dem Wrack zu bergen. Für sie waren zwei geschulte Notfallseelsorger vor Ort. Denn das Bergen zweier Brandleichen sei auch für die Einsatzkräfte nicht alltäglich und im hohen Maße belastend, wie Einsatzleiter Stefan Schmidt erklärte: "Im Nachgang werden sich diese mit den eingesetzten Kameraden beschäftigen. Sie werden sich direkt nach dem Einsatz und dann gestaffelt im weiteren Verlauf mit ihnen zusammensetzen." Auch körperlich brachte der Einsatz die Kameradinnen und Kameraden an ihre Grenzen.


mehr News aus der Region