Der Fall Karsten Manczak bleibt ein Rätsel

Im April 2021 verschwand der damals 51-Jährige Familienvater aus Groß Döhren spurlos. Wir blicken noch einmal auf die Geschehnisse der vergangenen Jahre zurück.

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Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Alexander Panknin

Groß Döhren. Im April 2021 verschwand der damals 51-jährige Karsten Manczak spurlos aus seinem Haus im Liebenburger Ortsteil Groß Döhren. Bis heute ist nicht genau geklärt, was in den frühen Morgenstunden des 13. April 2021 geschah. Doch die Ermittlungsbehörden sind sich sicher, dass der Familienvater nicht mehr am Leben ist. Sein mutmaßlicher Mörder wurde inzwischen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Doch der Fall bleibt ein Rätsel und Karsten Manczak bis heute verschwunden. regionalHeute.de hat die Geschehnisse noch einmal chronologisch zusammengefasst.



Schon kurz nach seinem Verschwinden am 13. April 2021 waren sich die Ermittlungsbehörden sicher, dass der Groß Döhrener einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel. Spuren am Wohnort wiesen daraufhin, dass er in den frühen Morgenstunden aus seinem Haus gelockt wurde und seinem Mörder direkt in die Arme lief. Wer Karsten Manczak auf dem Gewissen haben soll, stand für die Ermittler der Mordkommission "Fortuna" rund vier Wochen nach dessen Verschwinden fest. Sein bester Freund, der damals 50-jährige Bundespolizist Martin G., soll Karsten Manczak getötet haben. Mit einer Armbrust, wie die Ermittler vermuten. Sein Motiv: Liebe. Denn Martin G. soll über Jahre hinweg eine Affäre mit Manczaks Frau gehabt haben. Um mit ihr eine gemeinsame Zukunft zu haben, musste der Nebenbuhler weg. Inzwischen wurde G. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Vom Vermisstenfall zum Mordfall


Die Ermittler glauben, dass Karsten Manczak Manczak an diesem Morgen gegen 4 Uhr aufgestanden war, um sich für seinen Arbeitstag fertig zu machen. Etwa zum gleichen Zeitpunkt soll sich Martin G. am Haus seines späteren Opfers aufgehalten und dort versteckt haben. Gegen 4.30 Uhr sollen die beiden Männer dann auf der Terrasse aufeinander getroffen sein. Hier soll Martin G. seinen Freund umgebracht und anschließend weggeschafft haben. Wohin, ist bis heute nicht klar. Die Leiche von Karsten Manczak wurde nie gefunden.

13. April 2021: Die Familie findet an diesem Morgen eine verwaiste Küche vor. Es sieht aus, als hätte Manczak das Haus überstürzt verlassen. Auf der Arbeitsplatte liegt noch ein Toast. Handy, Schlüssel und Arbeitstasche liegen in der Küche. Karsten Manczak jedoch ist weg, ebenso der blaue Caddy der Familie. Am Abend des 13. April verständigt die Familie dann die Polizei. Karsten Manczak gilt von diesem Moment an als vermisst. Die Polizei leitet Suchmaßnahmen in und um Groß Döhren ein. Diese führten jedoch nicht zum Auffinden des Vermissten. Blutspuren auf dem Grundstück und die aufgefundene Brille des Vermissten lassen die Ermittler darauf schließen, dass Karsten Manczak Opfer eines Verbrechens wurde. Aufgrund der Spurenlage vor dem Haus geht die Polizei nun nicht mehr von einem Vermisstenfall aus. Die Suche geht weiter. Karsten Manczak wird nicht gefunden, jedoch sein Auto.

16. April 2021: Die Polizei findet den blauen VW Caddy des Vermissten auf dem Messegelände in Hannover auf der Straße "Boulevard der EU" gegenüber des "Holländischen Pavillons". Das Fahrzeug schien ordnungsgemäß abgestellt und verschlossen worden zu sein.


30. April 2021: Ermittler der eingerichteten Ermittlungsgruppe "Fortuna" suchen Waldstücke längs der Bundesstraße 242 südlich von Altenau nach dem Vermissten ab. Dabei wurde die Polizei durch den Einsatz von Spürhunden unterstützt. Die Ermittlungsgruppe ging hierbei einem Hinweis aus der Bevölkerung nach, welcher jedoch nicht zu einem Auffinden von fallrelevanten Hinweisen geführt hat.


Immer wieder neue Zeugenaufrufe


Im Rahmen der Ermittlungen bittet die Polizei die Bevölkerung immer wieder um Mithilfe. In einem Zeugenaufruf vom 5. Mai 2021 wurde der Fahrer eines weißen Seat Mii gesucht, der zwischen Groß Döhren und Hahndorf direkt hinter dem blauen Caddy von Carsten M. gefahren sein soll.

7. Mai 2021: Die Polizei durchsucht mit Spürhunden ein Grundstück in der Lewer Straße am Ortsrand der Gemeinde Liebenburg. Grund für einen abermaligen Polizeieinsatz war ein Hinweis aus der Bevölkerung.

Die Suche nach Zeugen geht jedoch weiter. So hätten die Ermittlungen der Polizei ergeben, dass im Nahbereich des Abstellortes des Caddys des Vermissten am 13. April, kurz nach 9:30 Uhr, ein Taxi geordert wurde. Die Mordkommission sucht daher nach dem Fahrer des Taxis.

18. Mai 2021: Die Polizei nimmt den 50-jährigen Martin G. aus Liebenburg fest. G. gilt als enger Freund der Familie. Einen Tag später erlässt die Staatsanwaltschaft Braunschweig Haftbefehl wegen Mordes. Martin G. wird verdächtigt, seinen Freund Karsten Manczak an dessen Wohnanschrift getötet zu haben. Dabei geht die Polizei von einer Beziehungstat aus.

2. Juni 2021: Karsten Manczak wird seit Wochen gesucht. Polizei und Staatsanwaltschaft sind der Überzeugung, dass Manczak getötet wurde. Die Suche nach dem mutmaßlichen Opfer läuft weiter. Der Tatverdächtige befinde sich weiterhin in Untersuchungshaft. Ihm wird Mord vorgeworfen.

11. Juni 2021: Polizei und Staatsanwaltschaft wenden sich erneut an die Bevölkerung. Der tatverdächtige Bundespolizist, der in der Sache in Untersuchungshaft sitzt, habe noch während der ersten Ermittlungen seltsame Käufe getätigt. Die Gegenstände seien geeignet, um etwa eine Baustelle einzurichten. Die Polizei sucht deshalb im Zusammenhang mit einem möglichen Ablageort der Leiche nun nach den Gegenständen.

22. Juni 2021: Bislang seien keine Hinweise auf die gesuchten Gegenstände eingegangen. Wie die Staatsanwaltschaft aber betont, wird weiter nach der Leiche gesucht.

17. Juli 2021: Auch drei Monate später gibt es noch keine neuen Erkenntnisse. Die Staatsanwaltschaft bekräftigt ihre Aussage jedoch, dass man nach wie vor von einer Beziehungstat ausgehe.

13. August 2021: Der Fall Karsten Manczak läuft am 18. August bei Aktenzeichen XY ungelöst im ZDF. Die Ermittler hoffen durch die Fernsehzuschauer auf Hinweise, die nach vier Monaten endlich zum Auffinden von Karsten Manczak oder seiner Leiche führen.

16. August 2021: Ein Mann, der sich selbst Klaus Fejsa - Fallanalytik und Lösungen - nennt, verbreitet seine Theorie, wie der Mörder die Leiche von Karsten Manczak verschwinden lassen haben könnte, im Internet und unterbreitet sie auch der Presse. Demnach sollen die von der Polizei gesuchten und mit der Tat in Zusammenhang stehenden Gegenstände, wie Rasengitterplatten, Baustahlmatten, Bauzaunelemente und Betonfüße, nicht für die Erstellung einer "Fake-Baustelle" vom Verdächtigen gekauft worden sein, sondern um damit eine Art Floß zu bauen, mit dem die Leiche in einem See versenkt worden ist.

19. August 2021: Nach der Ausstrahlung in der Sendung Aktenzeichen...XY ungelöst gingen bei der Polizei 30 Hinweise ein. Die meisten davon zum Verbleib der Baumaterialien.

20. August 2021: Bei der Angabe der Menge der Baumaterialien, die im Zusammenhang mit dem Fall Manczak stehen sollen, gibt es unterschiedliche Angaben. Die Staatsanwaltschaft erklärt, dass dies dem Ermittlungsfortschritt geschuldet sei.

31. August 2021: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen den in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen Anklage wegen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen erhoben. Darüber hinaus nennt sie weitere Details, wie sich der Mord aus ihrer Sicht abgespielt hat.

30. September 2021: Wie die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf Nachfrage mitteilte, soll im November der Mordprozess beginnen. Angeklagt ist ein Bundespolizist. Er soll Karsten Manczak mit einer Armbrust getötet haben.

1. November 2021: Am 10. November soll der Prozess gegen den Verdächtigen beginnen. Das Landgericht berichtet, dass Karsten Manczak mit einer Schlag- oder Stichwaffe tödlich verletzt wurde.

Der Prozess im "Mord ohne Leiche"


Prozessauftakt im November 2021: Martin G. (2. von rechts) zwischen seinen Verteidigern die Rechtsanwälte Nitschmann und Zott.
Prozessauftakt im November 2021: Martin G. (2. von rechts) zwischen seinen Verteidigern die Rechtsanwälte Nitschmann und Zott. Foto: Anke Donner


10. November 2021: Heute sollte der Prozess gegen seinen mutmaßlichen Mörder starten.Doch die Verhandlung fand nicht statt, weil ein Richter und ein Schöffe fehlten.

24. November 2021: Heute begann der Prozess im Mordfall Manczak. Der Angeklagte schweigt vor Gericht zu den Mordvorwürfen, kündigte jedoch an, dass es sein könne, dass er sein Schweigen im Laufe des Prozesses brechen werde.

26. November 2021: Am zweiten Prozesstag im Fall Manczak wird von den Zeugen immer wieder ein Fiat 500 erwähnt, der in der Nähe des Wohnhauses der Familie Manczak gesehen wurde. Der Wagen wurde von dem Angeklagten bei einer Autovermietung angemietet.

29. November 2021: Am dritten Verhandlungstag im Mordfall Karsten Manczak standen unter anderem die Ehefrau und die Söhne des mutmaßlichen Opfers im Zeugenstand. Die Aussage der Ehefrau fand jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

2. Dezember 2021: Am vierten Prozesstag im Mordfall Karsten Manczak rückte das unterkühlte Verhalten des Angeklagten Martin G. in den Vordergrund der Zeugenaussagen. Und die enge Freundschaft, die den Angeklagten mit Karsten Manczak seit vielen Jahren verband. Doch war es wirklich eine Freundschaft oder reines Kalkül?

16. Dezember 2021: Während des sechsten Prozesstages im Fall Manczak ging es einzig um die Ermittlungsergebnisse der Polizei und deren Berichte zum mysteriösen Verschwinden des 51-Jährigen. Sechs Polizisten der Ermittlungsgruppe "Fortuna", die später zur Mordkommission "Fortuna" wurde, sagten im Zeugenstand aus. Immer wieder versuchen die Verteidiger von Martin G. die Aussagen und Ermittlungen der Polizei in Frage zu stellen.

14. Januar 2022: Der älteste Sohn des mutmaßlichen Opfers sagte am siebten Prozesstag vor Gericht aus. Er schilderte im Detail die Stunden und Tage nach dem Verschwinden seines Vaters.

11. Februar 2022: In einem weiteren Prozesstag sagt Moko-Leiter Lucht aus. Dieser schilderte im Detail die Ermittlungen und deren Ergebnisse, die zur Annahme führen, dass der Angeklagte, der 50-jährige Bundespolizist Martin G., seinen engen Freund Karsten Manczak ermordet haben soll.

18. Februar 2022: Beinahe ein Jahr nach dem Verschwinden des 51-Jährigen aus Groß Döhren hat sich nun ein weiterer Zeuge gemeldet. Er sagt vor dem Landgericht aus, dass er kurz nach dem Verschwinden des Karsten Manczak eine leblose Person in dessen Auto gesehen haben will.

3. März 2022: Erneut gab es während eines Prozesstages Kritik seitens der Verteidigung an der Ermittlungsarbeit der Polizei. Unter anderem seien aus Sicht der Verteidigung wichtige Zeugen nicht vernommen worden.

16. März 2022: Vier Zeugen sagen vor Gericht aus, dass sie das mutmaßliche Mordopfer nach dessen Verschwinden noch gesehen haben wollen.

30. März 2022: Kann eine Drohne zur Leiche von Karsten Manczak führen? Fallanalytiker Klaus Fejsa hat der Polizei einen Tipp gegeben, wie die Leiche von Karsten Manczak aufgespürt werden könnte.

25. April 2022: Manczak-Prozess: Die Verteidiger von Martin G. fordern die Freilassung des Angeklagten

29. April 2022: Das Gericht hat die Haftbeschwerde an das Oberlandesgericht weitergeleitet. Der Angeklagte im Manczak-Fall bleibt vorerst in Haft

29. April 2022: Seit fünf Monaten wird vor dem Landgericht verhandelt. Die Verteidigung zweifelt abermals an Ermittlungen der Polizei

2. Mai 2022: Seit November steht der 51-Jährige aus Othfresen nun vor dem Braunschweiger Landgericht. Er ist des Mordes an seinem besten Freund angeklagt. Vom ersten Prozesstag an schweigt Martin G. darüber, ob er Karsten Manczak ermordet hat. Doch warum äußert er sich nicht?

13. Mai 2022: Die Haftbeschwerde wurde abgelehnt. Martin G. bleibt hinter Gittern

17. Mai 2022: Der Manczak-Prozess neigt sich dem Ende zu. Die Staatsanwaltschaft fordert die besondere Schwere der Schuld

31. Mai 2022: Fall Manczak: Das Urteil ist gefallen

Die Suche geht weiter


12. August 2022: Auch wenn inzwischen das Urteil gegen den mutmaßlichen Mörder gefallen ist und die Staatsanwaltschaft die Akte geschlossen hat, ist Karsten Manczak nicht vergessen. Immer wieder finden private Suchaktionen statt und auch die Polizei geht weiterhin Hinweisen nach.

27. August 2022: Die Familie sucht weiter nach den sterblichen Überresten von Karsten Manczak und hat eine Belohnung in Höhe von 5.000 Euro ausgelobt für Hinweise, die zum Auffinden der sterblichen Überreste führen. Auf der Facebook-Seite der Polizeiinspektion Goslar wurde ein Film veröffentlicht, der bislang noch nicht veröffentlichte Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigt.

31. August 2022: Fünf Tage nach der erneuten Bitte der Polizei um Mithilfe bei der Suche nach den sterblichen Überresten von Karsten Manczak aus Liebenburg ziehen die Ermittler der Polizeiinspektion Goslar ein erstes Zwischenfazit.

26. September 2022: Angehörige, Freunde und viele Helfer organisieren immer wieder Suchaktionen. So wie die im Norden Hannovers. Der Kananoher Forst wurde abgesucht, um endlich die Leiche des verschwundenen 51-jährigen Familienvaters zu finden.

13. Oktober 2022: Pilzsammler im Mecklenheider Forst bei Hannover entdeckten am 11. Oktober eine verweste Leiche. Schnell kam der Verdacht auf, dass es die sterblichen Überreste von Karsten Manczak sind. Doch schon wenige Tage später stand fest: Es ist nicht Karsten Manczak.

17. November 2022: Auch ein halbes Jahr nach dem Urteilsspruch und der damit beantragten Revision gibt es noch keine Entscheidung.

17. Februar 2023: Auch im Februar 2023 gibt es noch keine Entscheidung, ob es zu einer Wiederaufnahme kommen wird. Sollte die Revision abgelehnt werden, ist der Rechtsweg in Deutschland erschöpft, erklärt Martin Nitschmann. Der Bonner Anwalt hatte G. im Prozess vertreten.

13. April 2023: Zwei Jahre nach dem Verschwinden von Karsten Manczak ist das Urteil gegen seinen Mörder rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revision nicht zugelassen. Martin G. muss die lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen.

26. September 2023: Auch zweieinhalb Jahre nach seiner Ermordung sucht die Familie von Karsten Manczak weiter nach dessen sterblichen Überresten.


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